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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Papier & Buchdruck. Neuerungen der Buchherstellung im Spätmittelalter



Harte Arbeiter oder leichtsinnige Frauenhelden?

In der Druckerwerkstatt der Basler Papiermühle wird bis heute nach Gutenbergs Prinzipien gearbeitet. Dort wurde die mit Kolumnenschnur ausgebundene Druckform erstellt, auf der sich berühmte Verse des 16. Jahrhunderts gesetzt finden: Der humanistische Dichter Sebastian Brant berichtet darin offensichtlich voller Spott über die harte Arbeit der Buchdrucker.

Die Zeilen, die aus Brants berühmtem Werk „Das Narrenschiff“ stammen, sind heute nur noch schwer zu interpretieren. Schon zu Beginn wirft der Dichter den Druckern den Leichtsinn vor, ihren Wochenlohn an nur einem Tag zu vertrinken und zu verprassen. Er endet außerdem mit der Schelte, wieviel Zeit viele von ihnen auch bei der Arbeit verbrächten, sie würden doch keine besseren Werke abliefern, da sie ihre Kunst nicht richtig gelernt hätten.

Zwischen diesen beiden Vorwürfen stehen jedoch Reime, in denen Brant offenbar objektiv und viel ausführlicher als bei den anderen Handwerken im selben Kapitel von der Arbeit der Drucker berichtet. Er scheint demonstrieren zu wollen, dass er die dafür nötigen Fachbegriffe – trucken, bosselyeren, setzen, strichen, corrigieren – beherrscht. Hier würdigt er das Handwerk der Drucker nun plötzlich als hart und schwer.

Der Widerspruch in Brants Aussagen über die Drucker lässt die Vermutung aufkommen, die scheinbar nüchterne Beschreibung von Arbeitsabläufen sei doppeldeutig zu verstehen: Der Begriff bosselyeren etwa ließe sich nicht nur als „Letterngießen“ übersetzen, sondern auch als „mit den Damen poussieren“. Dunkel bleibt der Ausdruck vigen spitzen: Vige ist das gängige Wort für Feige, eine Frucht, die in zeitgenössischen Texten als vulgäres Bild für die Vulva der Frau erscheint; wollten nach Brant die Drucker mit ihrem Imponiergehabe also „die Damen spitz machen“? Was vigen spitzen in ihrer Fachsprache bezeichnete, ist ungeklärt. Moderne Übersetzungen bieten ohne nähere Erläuterung ganz verschiedene Deutungen, von „Spatien schneiden“ über „Stäbchen spitzen“ bis zu – „Feigen spitzen“.


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