06.06.2025 Der Ketzermeister

Heidelberger Theologieprofessor an Ketzerprozessen im 15. Jahrhundert beteiligt

Damals häufig konsultiert und vergriffen nun in unseren Tagen, ist das Directorium officii inquisitorum aus der Feder des katalanischen Dominikaners Nicolaus Eymerich († 1399) ein Zeugnis spätmittelalterlicher Ketzerprozesse. Auch Theologen unserer Alma Mater wirkten mit. Das Heidelberger Exemplar, verzeichnet unter Pal. lat. 681, stammt aus dem Nachlass des Theologieprofessors Johannes Lagenator von Frankfurt. Dass dieser es bei Ketzerprozessen direkt zur Hand hatte, wird offenbar: Mit der Verurteilung der Hussiten Johannes von Drändorf und Peter Turnau 1425 A.D. sowie bei der Verfolgung des Häretikers Johannes Fuyger 1429 A.D. verübte Lagenator seine heilige Pflicht. Im letzten Fall, auf Blatt 162v, notiert von Lagenators eigener Hand, kommt es im Codex zu Wort, denn geschrieben steht: 

Sic accidit 1429 quarta die Junij de quodam adducto Heydelbergam de oppido Luden, qui dictus erat Johannes Fuyger, et fuit combustus in Luden quarta die Julij.
(So erging es am 4. Juni 1429 jemandem, der aus der Stadt Lauda nach Heidelberg gebracht wurde, der Johannes Fuyger genannt wurde, und der am 4. Juli in Lauda verbrannt wurde.)

1440 stirbt Johannes Lagenator. Als „Ketzermeyster“  bezeichnet ihn eine jüngere Hand. Testamentarisch verfügt, geht seine Handschrift an die Juristische Fakultät. Später wird sie Teil der Bibliotheca Palatina. Im Dreißigjährigen Krieg gelangt die Handschrift 1623 nach Rom. Dort bleibt sie sicher verwahrt in der Biblioteca Apostolica Vaticana

Die wissenschaftliche Erschließung der Handschrift erfolgte im Rahmen eines groß angelegten Projekts der UB Heidelberg, bei dem der Bestand der Bibliotheca Palatina im Vatikan digitalisiert und online gestellt wurde. Auch das digitale Faksimile  und die wissenschaftliche Beschreibung des Directorii officii inquisitorum können auf den Seiten der UB eingesehen werden.