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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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C. Blüte und Gefährdung in der Weimarer Republik (1919 bis 1933)

III. Jüdische Studenten in der Weimarer Republik

Die Universität Heidelberg übte auf jüdische Studenten eine große Anziehungskraft aus. Traditionell hatte Heidelberg im Vergleich mit anderen Universitäten überdurchschnittlich viele jüdische Studierende. Während der Anteil im Reichsdurchschnitt etwa 4% betrug, waren in Heidelberg zwischen 7 und 9% der Studenten jüdisch; im Sommersemester 1929 waren es 10,2%. Heidelberg nahm damit die dritte Stelle hinter Berlin und Frankfurt ein.

In Hinblick auf die guten beruflichen Perspektiven in den freien Berufen belegten die meisten jüdischen Studenten die Studienfächer Rechtswissenschaft und Medizin, aber auch die Staats-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften waren beliebte Studiengänge. Zwei Besonderheiten kennzeichneten die Gruppe der jüdischen Studenten: Der Anteil der Frauen lag deutlich über dem weiblichen Studierendensatz von ca. 17%, denn fast ein Drittel der jüdischen Studierenden waren Frauen. Außerdem gab es vergleichsweise viele Ausländer unter ihnen, die insbesondere aus Osteuropa stammten.

Wie ihre christlichen Kommilitonen waren viele jüdische Studenten politisch, sozial oder kulturell organisiert. Politisch neigten sie zu linken und liberalen Hochschulgruppen und gründeten eigene Vertretungen, die auch im studentischen Selbstverwaltungsausschuss (AStA) vertreten waren. Etwa ein Drittel der jüdischen Studenten trat Korporationen oder Verbindungen bei, die sowohl nichtkonfessionell als auch dezidiert zionistisch orientiert sein konnten.

Wie bereits im Kaiserreich studierten auch in der Weimarer Republik zahlreiche später berühmt gewordene jüdische Gelehrte, Wissenschaftler und Politiker in Heidelberg. Sechs von ihnen aus der Philosophischen, Medizinischen und Juristischen Fakultät sollen hier vorgestellt werden.

Prominente Studierende: Erich Fromm, Hans Jonas und Hannah Arendt

Erich Fromm

Erich Fromm: geboren 1900 in Frankfurt/Main, 1919-1922 Studium der Soziologie, Psychologie und Philosophie an der Universität Heidelberg, 1922 Promotion bei Alfred Weber über „Das jüdische Gesetz”, bis 1925 Talmudunterricht bei Rabbi Rabinkow in Heidelberg, Mitbegründer des „Freien Jüdischen Lehrhauses” in Frankfurt/Main, 1934 Emigration in die USA, seit 1950 in Mexiko, Professuren und Lehraufträge an mehreren Universitäten in den USA und Mexiko, zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten zu den Themen Psychoanalyse, analytische Sozialpsychologie, Ethik und Aggressionstheorie, gestorben 1980 in Muralto (Tessin).

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Hans Jonas

Hans Jonas: geboren 1903 in Mönchengladbach, Studium der Philosophie in Freiburg, Berlin, Heidelberg (1926) und Marburg, 1928 Promotion bei Martin Heidegger über den „Begriff der Gnosis”, 1933 Emigration nach London, 1934 nach Jerusalem, seit 1938 Dozent an der Hebräischen Universität, 1940-1945 Kriegsdienst in der britischen Armee in Palästina, 1948-1949 Offizier bei der Haganah, 1951 Ruf an die New School for Social Research in New York, zahlreiche Gastprofessuren in den USA und Kanada, gestorben 1993 in New Rochelle bei New York. Sein Werk beschäftigt sich mit Religionsphilosophie, Philosophie der Naturwissenschaften sowie ethischen Problem der Technologie („Das Prinzip Verantwortung”, 1979).

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Hannah Arendt

Hannah Arendt: geboren 1906 in Hannover, Studium der Philosophie in Marburg, Freiburg und Heidelberg, 1928 Promotion bei Karl Jaspers über den „Liebesbegriff bei Augustin”, 1933 Emigration nach Paris und Mitgliedschaft in der World Zionist Organization, 1935 erste Reise nach Palästina, 1940 Gefangenschaft im Internierungslager Gurs in Südfrankreich, 1941 Ausreise in die USA, 1948-1952 Direktorin der Jewish Cultural Reconstruction Organization, Gastvorlesungen in Princeton und Harvard, 1953 Professur am Brooklyn College New York, 1961 Berichterstattung über den Eichmann-Prozess in Jerusalem, 1963-1967 Professur an der University of Chicago, 1967 Berufung an die New School for Social Research, 1975 in New York gestorben. Hannah Arendts besonderes Interesse galt der Totalitarismusforschung. Ihr Hauptwerk „Origins of Totalitarism” (1951) untersucht die Entstehungsbedingungen totalitärer Strukturen im 19. und 20. Jahrhundert und die Verbindungslinien zum Antisemitismus. Hannah Arendt begründete eine stark rezipierte Theorie der politischen Philosophie.

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Erez Israel – Heidelberger Studenten in Palästina

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Die Jüdisch-Akademische Vereinigung und Studenten aus Palästina / Die Heidelberger Synagoge

Die Jüdisch-Akademische Vereinigung und Studenten aus Palästina

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Die Heidelberger Synagoge

Die Jüdische Gemeinde in Heidelberg bestand 1925 aus 1354 Personen, was 1,8% der Einwohnerschaft betrug; im Jahr 1933 waren es noch 1102 Mitglieder (1,3%). Der Mittelpunkt des Gemeindelebens war die Synagoge in der Großen Mantelgasse, die 1877/78 von dem Architekten Hermann Behaghel - dem damaligen Vorstand der evangelischen Kirchenbauinspektion - errichtet wurde. Die Vergabe des Synagogenbaus an einen christlichen Architekten zeigt den Willen der Jüdischen Gemeinde zur Kooperation und ist ein einmaliger Vorgang in Baden. 1913 wurde die Synagoge von Siegfried Seidemann, dem späteren stellvertretenden Vorsitzenden der jüdischen Gemeindevertretung, renoviert und umgebaut. Hier wurden die Gottesdienste nach liberalem Ritus gefeiert; der orthodoxe Teil der Gemeinde eröffnete 1932 einen eigenen Betsaal in einem anderen Altstadtgebäude.

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