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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Papier & Buchdruck. Neuerungen der Buchherstellung im Spätmittelalter



Papier in der islamischen Zivilisation

Den mittelalterlichen Chronisten zufolge kam das Papier im islamischen Herrschaftsbereich zuerst im Jahr 751 nach der Schlacht bei Atlakh nahe Samarkand an: Der siegreiche Emir soll gefangene Papiermacher aus China in seiner Stadt angesiedelt haben. Diese Geschichte ist so charmant wie unwahrscheinlich. Sie zeigt jedoch, dass die arabischen Autoren noch um die ostasiatischen Wurzeln des Papiers wussten.

Zugleich besaßen sie ein erstaunliches Gespür für die Bedeutung, die der neue Beschreibstoff bald in ihrer Kultur erlangt hatte. So beförderte das Papier nicht nur das Aufblühen von Theologie, Naturwissenschaften und Literatur. Das Mehr an Schriftlichkeit veränderte vor allem auch die Verwaltung und damit die Organisation von Herrschaft. Auch praktisches Wissen etwa im Handwerk wurde nicht mehr nur mündlich weitergegeben. So etwa wandelte sich die Art zu Bauen durch die Einführung von Bauplänen auf Papier.

Besonderheiten arabischer Papiere

In Europa bevorzugte man für wertvolle und rechtskräftige Schriftstücke bis weit über das Mittelalter hinaus Pergament. Im arabischen Raum vertraute man dagegen früh auf Papier: Um es für Prachthandschriften oder wichtige Urkunden zu verwenden, wurde es häufig aufwändig bearbeitet. Arabische Papiere bestechen durch ihre glänzende Oberfläche, da sie sorgfältig mit Achatsteinen geglättet wurden. Um sie aufzuwerten, wurden sie zum Teil auch gefärbt.

Papier zwischen Atlas und Hindukusch

Schon im frühen 8. Jahrhundert schrieben Menschen in Zentralasien auf Papier. Der Beschreibstoff wurde nicht nur für die Buchproduktion und in den Amtsstuben immer beliebter. Wie dieser Geschäftsbrief aus der Mitte des 11. Jahrhunderts zeigt, war die Lese- und Schreibfähigkeit zunehmend auch bei Händlern verbreitet: Der Schreiber bittet darin den Adressaten, ihm die Waren zukommen zu lassen, die zu besorgen er ihn schon in einem früheren Schreiben beauftragt hatte.

Der Brief ist Teil eines größeren Briefwechsels zwischen zwei jüdischen Händlern, der sich dank eines einzigartigen Fundes alltäglichen Schrifttums in Kairo erhalten hat: Bauarbeiter entdeckten 1890 in der dortigen Ben-Ezra-Synagoge ein verschlossenes Zimmer, eine so genannte Genizah (Lager, Speicher). Darin lagerten unbemerkt etwa 200.000 Dokumente und Briefe der jüdischen Gemeinde Kairos, die zwischen 800 und etwa 1200 entstanden waren. Diese Schatztruhe gibt Forschern unschätzbare Einblicke in das ganz alltägliche Leben nicht nur der jüdischen Gemeinde Kairos. Muslime, Kopten und Juden tauschten miteinander Waren aus und pflegten dabei einen regen Schriftverkehr. Denn auch kulturell waren die Bewohner Ägyptens durch dieselbe Sprache miteinander verbunden – das Arabische. Auch der Schreiber des hier gezeigten Briefes verwendete sowohl die arabische Schrift als auch die Sprache Arabisch. Die Adresse auf der Rückseite ist jedoch in Hebräisch gehalten.


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