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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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BuchDruck – Wandel mit Holzblock und Letter



Ein Chorherr predigt der Gemeinde

Antisemitismus und Polemik in Buchform

Der „Seelenwurzgarten“ besteht aus einer Sammlung von Exempeln und Wundergeschichten. Das Buch ist von antijüdischer Polemik durchzogen. Im ersten Teil, der unter dem Titel „Bewährung daß die Juden irren“ auch separat überliefert ist, wird vehement der alleinige Wahrheitsanspruch der römischen Kirche verfochten. Die Juden erscheinen als Feinde des Christentums, die nicht von ihrem Irrweg ablassen wollen.

Der „Seelenwurzgarten“ wurde 1466/67 im Auftrag Ehrenfrieds II. von Vellberg (1445–1473), Abt des Benediktinerstifts Komburg bei Schwäbisch Hall, verfasst. Der eigentliche Autor ist unbekannt. Der Text orientiert sich am Verlauf der Heilsgeschichte und ist inhaltlich um vier Themenkomplexe gruppiert: 1. Schöpfungsgeschichte und Menschwerdung Christi, 2. Fegefeuer und Hölle, 3. Sammlung von Wundern und Visionen, 4. Antichrist, Auferstehung der Toten und das Jüngste Gericht.

Bislang sind elf Handschriften des „Seelenwurzgartens“ bekannt, zwischen 1483 und 1515 erschienenen neun Drucke des Werkes. Der Ulmer Drucker und Buchbinder Konrad Dinckmut gab den Text insgesamt dreimal heraus. Das vorliegende Exemplar gehört zu seiner zweiten Auflage, die schon zwei Monate nach dem Erscheinen der ersten Ausgabe gedruckt wurde. Eine dritte Auflage folgte Ende 1488.

Das Eingangsbild zeigt eine Predigtsituation in einem gewölbten Kirchenraum: Der belehrende Charakter der Szene wird durch die Gestik des Kanonikers betont. Die Gläubigen folgen seinen Auslegungen entspannt aber durchaus konzentriert, Prediger und Gemeinde sind nicht zuletzt durch den direkten Blickkontakt – sie schauen sich überwiegend direkt in die Augen – aufeinander bezogen. Vermutlich wird hier auf eine der Zielgruppen des Textes Bezug genommen, denn Exempelsammlungen, zu denen auch der »Seelenwurzgarten« gehört, konnten unter anderem für die Vorbereitung von Predigten herangezogen werden.

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