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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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V. Tabulae anatomicae: Anatomische Illustrationen des 16. bis 19. Jahrhunderts

Leonardo da Vinci (1452–1519)

Leonardo da Vinci begann vermutlich in den späten 1470er Jahren mit ersten anatomischen Studien, ab 1505 nahm er selbst mehrfach Sektionen vor. Sein Interesse galt vor allem dem System der inneren Organe und dem Bewegungsapparat. Die Studien sollten ihm dabei helfen, den menschlichen Körper, seine Muskeln und andere anatomische Details in der Malerei richtig darzustellen.

Spätestens seit 1489 trug sich Leonardo mit dem Plan, ein anatomisches Lehrbuch zu verfassen, wobei er der Zeichnung Vorrang gegenüber dem Text einräumte. Leonardos mangelnde Lateinkenntnisse reichten allerdings für die Niederschrift seiner Forschungsergebnisse nicht aus, so dass dieses Vorhaben scheiterte.

Die etwa 200 erhaltenen Blätter mit Zeichnungen Leonardos nehmen hingegen in der Geschichte der anatomischen Illustrationen eine herausragende Stellung ein. Teils handelt es sich dabei um detailliert ausgearbeitete Zeichnungen, teils aber auch nur um kleine Skizzen. Fast alle Blätter enthalten unzählige Notizen, Erklärungen oder Hinweise, häufig in der für Leonardo typischen Spiegelschrift.

„Adermann“

Die Zeichnung eines „Adermannes“ – eines frontal gezeigten, stehenden Mannes mit ausgestreckten Armen und Beinen – hebt Herz, Milz, Nieren, Harnleiter und Blase sowie eine Auswahl von Blutgefäßen hervor. Bei den Blutgefäßen handelt es sich neben der großen Körperschlagader (Aorta) nebst deren ersten Abzweigungen und der oberen und unteren Hohlvene überwiegend um oberflächlich verlaufende Venen. Überraschend sind das Fehlen der Lungen und deren Verbindungen zum Herzen.

Das Blatt stammt aus Leonardos Mailänder Zeit und entstand um 1490/95. Die Darstellung steht in der Tradition der mittelalterlichen Aderlassmännchen (Exponat Nr. V.2), die Wiedergabe der Organe und Gefäße setzt jedoch persönlich von Leonardo durchgeführte Sektionen voraus. Der Künstler selbst bezeichnete die Darstellung als „arbore delle vene“, also als „Venenbaum“. Zudem versah er sie mit dem Hinweis, dass man zur vollständigen Darstellung des „Venenbaums“ das Herz, die Lunge und die Leber durchschneiden müsse. Der „Adermann“ ist eines der wenigen Beispiele für eine farbige anatomische Skizze Leonardos: So sind das Venensystem braun und die Arterien grünlich laviert wiedergegeben.

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