IV. Ritual und Recht
IV.1 Kläger und Richter
Thomasin von Zerklaere, Der Welsche Gast,
Handschrift aus Schwaben, um 1460‒1470
Kolorierte Federzeichnung auf Papier
Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cod. Pal. germ. 320, fol. 31v
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Ein Kläger kniet demütig vor seinem Herrn und Richter, den drei prächtig gekleidete Ratgeber begleiten. Der Kläger dagegen trägt ein ärmliches Gewand, das seinen niedrigen Stand offenbart.
Im Spruchband wendet er sich an seinen Richter und beschuldigt die Ratgeber mit den Worten: „Herr, sie haben mir Schaden zugefügt.“ Doch die Angeklagten bedrängen den Herrn, er solle ihn noch schlechter behandeln: „So wird er uns bereitwillig dienen.“
Als gerechter Herr verspricht der Richter, dass er das Unrecht wiedergutmachen werde. Das Bild illustriert einen „Fürstenspiegel“, ein beliebtes Genre, das den Adel zu höfischem und ritterlichem Verhalten anleiten sollte.