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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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IV. Die Macht der Minne

Dy mynne mit Pfeil und Bogen im „Welschen Gast” des Thomasin von Zerklaere, um 1420

Dy mynne mit Pfeil und Bogen im „Welschen Gast” des Thomasin von Zerklaere, um 1420

Die Macht der Minne

Thomasin von Zerklaere formuliert in seiner höfischen Verhaltenslehre „Der Welsche Gast”: „Die Minne macht den Weisen weiser und dem Toren gibt sie größere Narrheit; das ist die Angewohnheit der Liebe”.

Thomasin von Zerklaere war Kleriker am Hof des Patriarchen von Aquileja. Hier schrieb er im Winter 1215/16 sein Werk in deutscher Sprache für eine weltliche Oberschicht. Im 19. Kapitel des 1. Buchs geht er auf das Wesen der Liebe ein. Ihre Natur versteht er dialektisch als eine verstärkende Kraft. Sie vermag das Gute zu verbessern und das Schlechte zu verschlimmern. Darin liegt ihre Macht.

Die Federzeichnung setzt die Dialektik ins Bild. Zu sehen sind zwei Figurengruppen. Links steht jeweils die personifizierte Liebe: In der linken Bildhälfte ist sie im Begriff, dem vor ihr stehenden törrichten Mann das Augenlicht zu nehmen. Dem entspricht das Spruchband: Ich bin blint und mach blint. In der rechten Bildhälfte hingegen wird ihre Unterlegenheit gegenüber der Kunst des klugen Mannes illustriert. Er weiß mit der Macht der Liebe umzugehen. Er wehrt sich gegen Ihren Führungsanspruch und hält triumphierend dagegen: Ich weise dich bas.

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