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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Juden und Christen – verfeindete Geschwister?: Das jüdische Exil. Strafe für die Ermordung des Messias Jesus



Cod. Pal. germ. 5, Bl. 3v

Juden und Christen – verfeindete Geschwister ?

Schon in den frühen Schriften des Neuen Testaments wird das problematische Verhältnis zwischen Juden und Christen deutlich. Als dasjenige Volk, das den herbeigesehnten Messias in Jesus verkennt und ihn sogar tötet, erscheint das Jüdische Volk – im Gegensatz zum erwählten Israel des Alten Testaments – häufig als verworfen. So ist es zu erklären, dass Texte, die sich kontrovers mit Juden auseinandersetzen, zu den ältesten und langlebigsten Gattungen christlicher Literatur gehören.

Die sogenannte adversus-iudaeos Literatur kann dabei in unterschiedlichen Formen auftreten: als Traktat oder Disputation, als Testimoniensammlung oder aber als Brief, wie im Fall der „Epistel des Rabbi Samuel an den Rabbi Isaak“. Die deutschen Texte gehen dabei immer auf lateinische Quellen zurück. Im Fall der Zyklen von Michel Beheim wurden Prosatexte sogar in Lieder umgearbeitet, die dann öffentlich vorgetragen wurden.

Das jüdische Exil. Strafe für die Ermordung des Messias Jesus

Das über tausendjährige Exil der Juden im Zusammenhang mit, ja sogar als Strafe für die Verkennung und Ermordung des in Jesus Christus erschienenen Messias zu sehen, war in der antijüdischen christlichen Polemik ein gebräuchlicher Topos. In der „Epistel des Rabbi Samuel an Rabbi Isaak“ wird dieser Gedanke den Juden sogar selbst in den Mund gelegt.

Der Brief ist in Form von Fragen und Antworten aufgebaut und in 25 Kapitel unterteilt. Rabbi Samuel wendet sich in der Rolle des Fragenden an Rabbi Isaac. Die „Epistel“ fingiert damit die in der jüdischen Literatur beheimatete Gattung der „Response“. In diesen Texten werden unterschiedliche Lehrmeinungen diskutiert, um eine normativ gültige rechtliche Auslegung der Tora zu erzielen. Indem jüdische Gelehrte als Sprecher auftreten, soll den christlichen Adressaten des Textes suggeriert werden, dass bei genauer Überlegung die Juden selbst zu der Erkenntnis gelangen müssen, dass Gott einen Neuen Bund geschlossen hat, und dass sein erwähltes Volk nun die Christen sind.

Transkription der Textstelle (PDF)

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