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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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IV. Was vom Leben übrig bleibt: Wege, Irrwege und Neuanfang


Offener Brief der studentischen Initiative „Medizin im Nationalsozialismus“ vom 29.5.1989

Laut Medienberichten im Januar 1989 sollten in Heidelberg und Tübingen Organe oder Körperteile von Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft für den Unterricht von Medizinstudierenden in Gebrauch sein. Bei internen Nachforschungen fanden sich in der Heidelberger Anatomie zunächst vier Präparate aus der fraglichen Zeit, die allerdings namentlich nicht mehr zuzuordnen waren. Die Präparate wurden zerstört und später auf dem Bergfriedhof beigesetzt.

Aus diesem Anlass gründeten Studierende der Medizin Januar 1989 in Heidelberg einen Arbeitskreis „Medizin im Nationalsozialismus“. Diese Gruppe forderte im Mai 1989 in einem „offenen Brief“ an die drei Direktoren der Anatomie eine über die Entfernung der Präparate hinausgehende umfassende Aufklärung.

So sollten Leichenbücher und Bestände des anatomischen Instituts nicht ausschließlich durch die Anatomen selbst untersucht werden. Zudem wünschte sich die Gruppe eine vollständige Aufarbeitung der NS-Medizin in Heidelberg unter Einbeziehung aller Institute und Kliniken.

Bereits am 12.1.1989 richtete die SPD-Fraktion des Baden-Württembergischen Landtags eine Anfrage an die Landesregierung. Auch sie forderte u. a. das Einsetzen einer unabhängigen Kommission zur Aufklärung der Sachverhalte. Die Anliegen einer unabhängigen Untersuchung und einer umfassenden Erforschung der NS-Medizin in Heidelberg wurde erst etwa 15 Jahre später mit dem Buch „Die Universität Heidelberg im Nationalsozialismus“ verwirklicht.


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