Navigation überspringen
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

Show & Tell. Studierende bieten Einblick in die Privatsammlung Erik Jayme

  1. Mythologie
  2. Traum und Erzählung
  3. Abstrakte Kunst nach 1945 in Italien und Deutschland
  4. Momentaufnahmen
  5. Landschaft und Heidelberg

Mehr zu den im Text erwähnten Katalognummern finden Sie im frei verfügbaren Ausstellungskatalog Show & Tell. Studierende bieten Einblick in die Privatsammlung Erik Jayme, hrsg. von Maria Effinger und Henry Keazor, Heidelberg: Heidelberg University Publishing, 2019 (Einsichten – Kataloge der Universitätsbibliothek Heidelberg, Band 1)

I. Mythologie

Kat.-Nr. 1 ► Artur Volkmann: Amazone, ihr Ross tränkend, 1920

Seit jeher setzen sich Menschen ausgiebig mit Mythen auseinander. Die Faszination spiegelt sich in vielen berühmten Werken der Literatur und Musik sowie der bildenden Kunst wider.

Entstanden sind Mythen aus dem Bedürfnis der Menschen, Erklärungen für fundamentale Ereignisse wie etwa Naturphänomene zu finden; zugleich dienten und dienen sie der Vermittlung moralischer Normen. Bildenden Künstlern eröffnen sie zudem die Möglichkeit, ihr Können unter Beweis zu stellen, etwa ihre Fähigkeit, Körper darzustellen oder Momentaufnahmen einer Geschichte repräsentativ ins Bild zu setzen.

Kat.-Nr. 4 ► Ludwig von Hofmann: Phaëton, 1919

Die erste Sektion der Ausstellung präsentiert den Besucherinnen und Besuchern einen Überblick über die Mythenrezeption unterschiedlicher Zeitalter: Neben drei Gemälden des 19. Jahrhunderts (Kat.-Nrn. 2, 3, 6) bieten ein Druck (Kat.-Nr. 4), eine Zeichnung (Kat.-Nr. 8) sowie eine Plastik (Kat.-Nr. 1) Einblicke in verschiedene Interpretationen der griechischen Mythologie. Die Exponate des 20. Jahrhunderts (Kat.-Nrn. 5, 7, 9, 10) verdeutlichen, auf welche Weise sich Künstler nach wie vor von Mythen inspirieren lassen und diese manchmal direkter, manchmal indirekter in ihren Werken rezipieren. Die Bilder des hier und der Sammlung mehrfach vertretenen Künstlers Ludwig von Hofmann (Kat.-Nrn. 4, 5, 7, 8) zeigen dabei Erik Jaymes Verbundenheit mit Darmstadt, dem Ort, an dem er seine Kindheit und Jugend verbrachte.

Die Exponate der ersten Sektion sind nicht nur repräsentativ für einen beachtlichen Teil der Sammlung Jayme, sie vermitteln auch einen Eindruck ihrer stilistischen Vielfalt und veranschaulichen den Geschmack und das breite Interesse des Sammlers.

II. Traum und Erzählung

Kat.-Nr. 16 ► Sascha Schneider: Bringer des Lichts, 1926

In dieser Sektion sind Werke zusammengestellt, deren Szenerien in ihrer Absurdität an die zuweilen surreale und rational nicht fassbare Logik von Träumen erinnern. Manche Darstellungen zeigen eine unwirkliche Idylle und Schönheit (Kat.-Nrn. 15, 18), andere hingegen erinnern eher an Albträume (Kat.-Nr. 19) oder bleiben – so wie Träume auch – für die Betrachtenden rätselhaft und schwer deutbar (Kat.-Nr. 17). Darüber hinaus greifen die präsentierten Werke literarisch-mythologische Stoffe auf. Die Themen sind dabei weit gefasst:

Kat.-Nr. 21 ► Adolf Frey-Moock: Kreuzigung, ca. 1910–1913
Interpretiert werden Stoffe aus der antiken Mythologie (Kat.-Nr. 16), der Bibel (Kat.-Nr. 21), einem Shakespeare-Drama (vgl. Kat.-Nr. 12) und einer Komödie Hugo von Hofmannsthals (Kat.-Nr. 14). Mitunter kommt es auch zu Verschränkungen der Bereiche, wenn in den Werken sowohl Bezug auf eine literarisch-mythologische Grundlage genommen als auch eine traumartige Atmosphäre vermittelt wird. Das gilt etwa für das Gemälde von Adolf Frey-Moock (Kat.-Nr. 21) oder für ein von Carl Friedrich Heinrich Werner geschaffenes Bild (Kat.-Nr. 13). Nicht alle Werke lassen sich auf eine konkrete literarische Grundlage zurückführen, teilweise spielen sie nur mit Motiven oder Traditionen. So erinnert Sascha Schneiders Werk Bringer des Lichts (Kat.-Nr. 16) zwar an den Mythos des Prometheus, illustriert die Sage jedoch ebenso wenig, wie Schneiders Epitaph (Kat.-Nr. 20) die Verbildlichung eines Mottos aus Sophoklesʼ Tragödie Antigone ist. Ähnliches gilt für Jules Chérets Le Courrier Français (Kat.-Nr. 11), in dem spielerisch mit der mythologischen Figur der Diana umgegangen wird.

III. Abstrakte Kunst nach 1945 in Italien und Deutschland

Kat.-Nr. 24 ► Achille Perilli: Un modo d’ordine, 1990

Neben Bildern mit mythologischen Figuren und Blumenarrangements finden sich in der Sammlung Jayme auch Werke der abstrakten Nachkriegskunst. Der Stil der Exponate dieser Sektion unterscheidet sich besonders durch seinen historischen Kontext von denen der übrigen Ausstellung: Ab 1945 begaben sich Künstlerinnen und Künstler auf die Suche nach einem politischen, insbesondere aber künstlerischem Neuanfang. „Abstrakte Kunst“ lautet vielerorts das neue Ideal. Künstlerinnen und Künstler in ganz Europa schlossen sich zu Gruppen zusammen, verfassten gemeinsam Manifeste und stellten zusammen aus. Dazu gehörten auch die italienischen Gruppen Azimut und Forma 1 sowie die deutsche Gruppe ZERO.

Kat.-Nr. 25 ► Achille Perilli: Ad absurdum, 1972

Auffallend sind die Vernetzungen zwischen deutschen und italienischen Nachkriegskünstlerinnen und -künstlern. Sowohl Enrico Castellani (Azimut – Kat.-Nr. 28) als auch Mack (ZERO – Kat.-Nr. 29) und Piero Dorazio (Gruppo Forma 1 – Kat.-Nr. 23) wählen das Licht als Sujet. Mögen sich auch alle Künstlerinnen und Künstler hier der Abstraktion verschrieben und die gleichen Themen gestellt haben, so werden diese doch unterschiedlich umgesetzt.

Diese Spannung zwischen verbindenden Sujets und individueller Interpretation zieht sich durch die gesamte Sektion: Carla Accardi von der Gruppo Forma 1 bewegt sich mit ihren nicht geometrischen, biomorph anmutenden Kompositionen (Kat.-Nr. 26) im Bereich des Informel. Auch Fred Thieler (Kat.-Nr. 30) ist dieser Stilrichtung eindeutig zuzuordnen. Achille Perilli (Kat.-Nrn. 24, 25) und Giulio Turcato (Kat.-Nr. 27) setzen demgegenüber auf eine klare Linienführung, welche zu einem ganz anderen Bildeindruck führt.

IV. Momentaufnahmen

Kat.-Nr. 31 ► Oskar Moll: Sonnenblumen in heller Vase, um 1934

In dieser Sektion werden Werke aus der Sammlung Jayme präsentiert, die zum einen florale Stillleben und Landschaften zeigen, zum anderen mit bestimmten Momenten aus dem Leben des Sammlers verknüpft sind oder einen besonderen Einblick in sein Sammelverhalten erlauben.

So verweisen die Werke des Kunsthandwerkers und Jugendstilmalers Hans Christiansen auf jene Stadt, in der Erik Jayme seine Kindheit und Jugend verbrachte: Darmstadt (Kat.-Nrn. 35, 36, 37).

Ein wertvolles Erbstück aus der elterlichen Sammlung stellt das Stillleben von Oskar Moll dar. Dessen Bestreben nach Harmonie von Farbe und Form wird hier besonders deutlich (Kat.-Nr. 31). Ergänzt wird es um ein stilistisch divergierendes Werk des Künstlers, das durch die dynamische Malweise und die kompositorische Anordnung den Eindruck des Momenthaften vermittelt (Kat.-Nr. 32).

Kat.-Nr. 34 ► Gaetano Gandolfi: Figurenstudie, undatiert

Zwei weitere Werke lassen die Vielfältigkeit der Sammlung erahnen: Einmal das in seiner Autorschaft noch ungeklärte Porträt einer Afrikanerin, dessen Pinselduktus auf Expressivität abzielt (Kat.-Nr. 33). Zum anderen die Zeichnung mit einem im typisch akademischen Stil gehaltenen männlichen Akt, die einem italienischen Künstler des 18. Jahrhunderts zugeschrieben werden kann (Kat.-Nr. 34). Während dieses Blatt für die zahlreichen Werke der Frühen Neuzeit aus der Sammlung steht, die in dieser Ausstellung nicht vertreten sind, zeigt die ungeklärte Autorschaft des Afrikanerin-Porträts, zeigt, welches Forschungspotenzial in einer Privatsammlung stecken kann.

In diesem Raum wird auch dem Sammler Jayme eine eigene Vitrine gewidmet. Als passionierter Kunstliebhaber sammelt er nicht nur Kunst, sondern forscht auch selbst zu den Werken seiner Sammlung.

V. Landschaft und Heidelberg

Kat.-Nr. 40 ► Theodor Verhas: Das Heidelberger Schloss im Abendlicht, um 1857

Erik Jayme hat oftmals von seinen Reisen (Landschafts-)Bilder als Andenken mitgebracht. Die Werke seiner Sammlung zeugen von Aufenthalten in Berlin (Kat.-Nr. 43), Italien (Kat.-Nr. 44) und den USA (Kat.-Nrn. 52, 53). Seit 1983 lehrt er an der Universität Heidelberg und inzwischen haben auch mehrere Werke lokaler Künstler den Weg in seine Sammlung gefunden. In dieser Sektion finden die Gemälde der in Heidelberg wirkenden Künstler Wilhelm Trübner, Theodor Verhas, Ferdinand Keller, Will Sohl und Karl Weysser (Kat.-Nrn. 39, 40, 42, 51) besondere Berücksichtigung, da diese die Kunst- und Kulturszene der Neckar-Stadt geprägt haben.

Kat.-Nr. 45 ► Walter Ophey: Häuser in Niederkassel, ca. 1911/12

Die gezeigten Werke reflektieren neben dem biographischen Hintergrund des Sammlers auch die große Vielfalt der Landschaftsgemälde in seiner Sammlung. Neben Werken des Expressionismus (Kat.-Nrn. 45, 46) und impressionistisch wirkenden Landschaften (Kat.-Nrn. 38, 50) sind Werke zu sehen, die Elemente verschiedener Malstile miteinander vereinen (Kat.-Nr. 53). Zudem kontrastieren Stadtlandschaften (Kat.-Nrn. 38, 45, 46) mit reinen Landschaftssujets (Kat.-Nrn. 42, 43).

Immer tragen dabei das Licht und die Farbgestaltung als prägende Faktoren zur Vermittlung der unterschiedlichsten Stimmungen bei. Malerische Darstellungen der Atlantik- und Mittelmeerküste (Kat.-Nrn. 48, 50) reflektieren deren warmes, strahlendes Licht. Dagegen erscheinen die Aquarelle (Kat.-Nrn. 42, 52) mit zum Teil nur dünn aufgetragenen Farben melancholischer. Die Werke Walter Opheys, Otto Dix’ und Stanley Cardinets (Kat.-Nrn. 45, 46, 53) schließlich arbeiten mit starken, in abstrahierender Weise verwendeten Farben, die den Blick des Betrachtenden einfangen und festhalten.

zum Seitenanfang