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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Barber, Ida: Die Möbel-Industrie in der Milleniums-Ausstellung in Budapest
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Schumann, Paul: Die Kunstgewerbliche Ausstellung in Dresden 1896, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0238

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5eite s78.

Zllustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Znnen-Dekoration.

Dktober-L)eft.

ausgestellt, Figuren über den Spiegeln, Palmen- und Blumen-Dekoration in
den Nischen.— viel des Schönen gibt es im Pavillon von Sigfried Taussig:
Reich geschnitzte, vergoldete Konsolen, Bronze-Spiegel in italienischem Stil,
Paravents von Bronze, geschnitzte Bilderrahmen zu den Spiegeln und Kon-
solen passend rc.

Die ausgestellten Saloumöbel sind reich mit Brokat, Damast, Plüsch
moutirt, theils im Barock-, Renaissance- und altdeutschem Stil gehalten, durch
geschmackvolle Dekorationen, Lckstücke, Erkerbekleidungen, Gobelins rc. gehoben.
Nicht nur Budapester Firmen haben Einrichtungen für Salon, Boudoir,
Speisezimmer rc. ausgestellt, auch die Provinz ist gut vertreten, so stellt bei-
spielsweise die Firma Armin Kraus (Temesvar) ein sehr geschmackvolles
Sitzungszimmer aus, die Möbel mit Brokat und Draperien von grüner Seide
montirt, der Schreibtisch mit grünem Plüsch belegt, die Wände mit Gobelins
bekleidet. Killer Lde (Debrezin) findet vielen Beifall mit der Ausstellung
eines Damenzimmers aus lila Brokat, lila Sammt und Stickereien
zusammengesetzt, das Mobiliar im Barockstil gehalten.

Die großen Budapester Dekoratöre suchen einander zu übertreffen.
Zeichnung und Material sind oft von klassischer Schönheit; da ist nichts von
dem sonst üblichen Schablonenstil; (Zeder will etwas Neues, Eigenartiges
bringen; besondere Anerkennung verdienen die gut gearbeiteten und sehr
geschmackvoll drapirten Polstermöbel. Die Garnituren werden auch flott
gekauft und oft zehnfach nachbestellt. Da ist z. B. ein Salon von Junos
Lukätsovits grün mit Gold, die Möbel in italienischer Renaissance, Schränke
ganz eigenartig oben mit Baldachin, unten in Form von Etagsren, inmitten
Kästen mit reich geschnitzten Thiiren. Reich und schön ausgestattet sind die
von Josef Nagy ausgestellten Garnituren; ein geschnörkelter Schreibtisch,
ein Rokoko.Pult mit Säulen, ein Schreibtisch mit Kuppel und Spiegel, elegant
geschnitzte Trumeaux finden ungetheilten Beifall.

Gyula Kurz hat eine interessante Kollektion Fauteuils, Lhaiselongs,
Dttomane, Divans ausgestellt, jedes Stück eine Neuheit repräsentirend; da
ein Kanapee in einer Nische mit Wand-Dekoration, ein Streckfauteuil

mit Stellvorrichtung, dort ein nur durch einen Druck verstellbares Sofa-
bett mit Vorhängen, Kästen, die in Bettgestelle umgewandelt werden können.

In den mit großem Luxus ausgestatteten Pavillons von Samu Pscher-
hofer interessirt uns eine Einrichtung von chaudron Brokat, Sofa und
Fauteuils wie eine Schaukel in der Mitte mit Einbuchtung geformt, die
Wände mit prachtvollen Gobelins und venetianischen Spiegeln dekorirt,
sämmtliches Mobiliar mit Elfenbein und Perlmutter ausgelegt. Die xises
äs rssistauos dieser Ausstellung ist ein verstellbarer Polsterstuhl
mit Telephon-Vorrichtung. Man setzt sich in den Stuhl, drückt den
Kopf an die Lehne und hat rechts und links die Taster des Telephons an-
liegen, sodaß man sitzend bequem die längsten Telephon-Unterhaltungen
führen kann; für Damen, deren Frisur eine andere Stellung der Lehne
bedingt, ist eine eigene Vorrichtung angebracht, derart, daß auch das stärkste
Lhignon im Thelephon-Stuhl plazirbar ist.

Es würde den diesen Zeilen gewidmeten Raum überschreiten, wollten
wir alles Nennenswerthe auch nur im Fluge streifen; in Kürze sei noch auf
ein Erkerzimmer im Genre Louis XV. hingewiesen (Aussteller Vl. (leid
äs Vis.), Wände von grünein Brokat, Panneaux, Spiegel wunderbar schön
ausgeführt, Möbel von grünem Plüsch, Damenschreibtisch weiß mit Gold,
die Vorhänge malerisch drapirt, in drei Nuancen gehalten, ferner ein Sitzungs-
zimmer von fraise und lila Brokat mit Draperien, die oben eine Krone
bilden, Konsole und Tische mit lila Sammt bekleidet, die Wände mit Gobelins
und Renaissance-Spiegel geziert (Aussteller Simon Deutsch); last uob lsast
sei auf ein im Genre Louis XIV. eingerichtetes Zimmer hingewiesen, dessen
Möbel euivrs Plüsch mit Gold inkrustirt genau denen nachgebildet sind, die im
Louvre im Bourbon-Saal bewundert werden (Aussteller Josef Bernstein).

Im Pavillon für Kunstgewerbe interessiren uns eigenartig
schön gearbeitete Salonmöbel von Ahorn (mahagoniartig gebeizt), ferner
Bronzen aller Art im altungarischen Stil, Fayencen und Majolika-Gegen-
stände, die Zeugniß davon ablegen, daß es die ungarische Industrie auch auf
diesem Gebiete mit jeder anderen aufnehmen kann.

kunstgewerblich^ Musstellung in 1896

von Paul

n Dresden findet in diesem Jahre eine Ausstellung des sächsischen
Handwerks und Kunstgewerbes statt, durch welche dargelegt
werden sollte, was gegenwärtig das sächsische Handwerk noch
leistet. Ueber die Frage, wer zu dieser H and w erks-Ausstellung zuzulassen
sei, ist viel in den Ausschüssen gestritten worden. Ls ist indeß nicht möglich
gewesen, die Ausstellung auf die Handarbeit zu beschränken; wir leben gegen-
wärtig in Uebergangszuständen, und das alte Handwerk kann sich in seiner
ursprünglichen Gestalt nirgends mehr halten. Der Uebergang zum Kunst-
gewerbe, der von so vielen Seiten als Hülfsmittel, den Handwerkerstand zu
halten, empfohlen wird, bedeutet in Wirklichkeit für die meisten Handwerke
nichts anderes, als den Uebergang zur Industrie, zum Großbetrieb. Für
unseren Zweck, zu berichten, was in der Dresdener Ausstellung für die
Zimmer-Einrichtung geboten wird, kommt schließlich auf die Erörterung dieser
grundsätzlichen Fragen wenig an. Ls genügt, zu sagen, daß weitaus die
meisten auf diesem Gebiete in Betracht kommenden Firmen, wenigstens von
Dresden, mögen sie sich nun Handwerker oder Fabrikanten nennen, ausgestellt
haben. Ein kleinerer Theil hat in der Gesammtausstellnng des Dresdener
Kunstgewerbevereins ausgestellt, der größere in den übrigen Räumen.

Der Saal des genannten Vereins zeichnet sich vor den übrigen durch
seine geschmackvolle und mustergültige Anordnung aus. Die Hauptaufgabe
bei der Anordnung eines Ausstellungssaales ist, daß der Ueberblick gewahrt
bleibe, daß Einheitlichkeit herrsche und sich damit doch eine reiche Mannig-
faltigkeit vereine. Diese Aufgabe ist hier trefflich gelöst. Das sonst so beliebte
und doch so unerfreuliche, todte Schwarz mit Gold an dem Holzwerk ist verpönt
worden. Für die gesammte Dekoration hat man die Farben Grün und Roth
gewählt: roth für die Vorhänge und sonstigen Behänge, grün für die Scheide-
wände und Umrahmungen der Kojen. Die frei aufgestellten Schränke usw.
sind meist in naturfarbenem Mahagoni gehalten. An den beiden Längs-
wänden ziehen sich die Kojen für Zimmer-Einrichtungen u. a. hin, die Mitte
nimmt die stattliche Ausstellung der Kgl. Porzellan-Manufaktur ein; den
Abschluß an den Querwänden bilden zwei dekorative Gemälde — Kunst und
Gewerbe darstellend — die über den hohen Eingangsbogen angebracht sind.
In den Firmeninschriften ist alles prunkende und Schreiende vermieden; sie
sind einheitlich in schwarzer, ruhiger Schrift auf dom grünen Holz angebracht;
fein und nicht vordringlich wirken auch die Lrklärungstäfelchen aus rothem
Leder mit Golddruck» Auch für die Mannigfaltigkeit des Eindrucks ist gesorgt:
nicht die gleichartigen Gegenstände sind zusammengestellt, sondern es ist
eine möglichst bunte Reihe angestrebt. Trotzdem ist, wie gesagt, die Ein-
heitlichkeit und der freie Ueberblick gewahrt. Die Anordnung stammt von
Professor Harald Richter und Professor Pape.

Schuman n.

Sucht man sich in der Ausstellung zu unterrichten, welcher Stil etwa
jetzt in der Zimmer-Einrichtung maßgebend sei, so ist leicht zu erkennen, daß
wir uns in der Zeit des Ueberganges befinden. Neues drängt sich vor, das
Alte ist noch in mannigfachen Resten vorhanden, fester Boden ist nicht
gewonnen, ein allgemein gültiger Stil nicht vorhanden. Das ist auch völlig
gleichgiltig. Denn ein verständiger Mensch, der nicht Stilsexerei treibt, wird
immer zunächst fragen: wie richte ich mich behaglich, zweckentsprechend, meinen
Verhältnissen angemessen geschmackvoll ein; die Stilfrage steht ihm in zweiter
Linie. Die entgegengesetzte Ansicht, daß auf den Stil — nämlich die historische
Stilart — etwas ankomme, ist von der Entwickelung der letzten 20 bis
25 Jahre als irrig erwiesen worden, vor 20 Jahren etwa war man der
Ansicht, man habe einen festen Boden für den Stil auf deutsch-nationaler
Grundlage gewonnen. Mit Jubel wurde auf der ersten Münchener Kunst-
gewerbe-Ausstellung die deutsche Renaissance begrüßt, und mit Stolz pries
man unserer Väter Werke, deren Stil man eine neue Blüthe, eins neue
Entwickelung zusprach. Aber es kam anders. Bald erkämpfte sich der
Barockstil einen Platz, dann zog das weltfrohe Rokoko in die Zimmer der
Großen und Reichen wieder ein. Beide Stile fanden ihre Herolde, ihre
vertheidigcr, ihre Zeichner, ihre Abnehmer. Indeß auch ihre Herrschaft war
nicht von Dauer. In den letzten Jahren begann man sich dem Empire-Stil
und dem sogenannten englischen Stil zuzuwenden. Ls ist erstaunlich, daß
sich immer wieder Leute finden, welche ihren Mitmenschen weißmachen wollen,
damit sei nun endlich der Stil unserer Zeit gefunden, das Ziel unserer Stil-
wanderung erreicht. In gewisser negativer Beziehung ist das ja richtig:
es gibt nun wirklich keinen alten Stil mehr zu entdecken — Louis XVI. ist
iu Frankreich als staiiäurä-stils ja stets vorräthig — die großen Nöbel-
firmen haben den Stilen, die sie stets auf Lager haben, Empire und Englisch
hinzugefügt und die Musterkarte ist vollständig. So führt die Firma Julius
Köhler Nachfolger, Ehemnitz, in ihrem Katalog als Spezialitäten an:
Renaissancemöbel, Barockmöbel, Stuttgarter Faqon, englische, gothische, Holz-
brand-, Empire-, Kouis-ssiüs-, Chippendale-, maurische, japanische Möbel
und Möbel mit echten Einlagen. Man wüßte wirklich nicht zu sagen, was
noch fehlte. Also die Genugthuung haben wir jetzt wenigstens, daß wir
nunmebr, wenn wir etwas Neues haben wollen, auf unsere eigene Weisheit
angewiesen sind.

Die eben genannte sehr leistungsfähige Firma, welche Mustereinrich-
tungen in allen ihren Stilen stets auf Lager hält, hat in Dresden ein reiches
gothisches Speisezimmer mit voller Wandvertäfelung im architektonischen
Fialenstil ausgestellt, wie es für ein großes Schloß, das etwa stilgerecht aus-
gestattet werden sollte, recht gut passen würde. Es kostet, wie beiläufig
bemerkt sein mag, (Sooo Mark. Der maurische Stil ist durch Gebr. Bern-
 
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