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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 7.1896

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Schliepmann, Hans: Geselligkeit und Innen-Dekoration
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https://doi.org/10.11588/diglit.7394#0099

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Preis vierteljährlich für Deutschland Mk. 5.—, für

Sämmtliche Original-Illustrationen stehen unseren Lesern zur verwerthung frei.

Die Zeitschrift ist verbreitet in allen Kulturstaaken.
Illustrationen und textliche Beiträge nur an die Schriftleitung in Darmstadt erbeten.

Nur Sonderhefte sind einzeln L Mk. 2.— erhältlich.

Buchh.-Vertreter: Eduard Schmidt Leipzig.
Insertions-Bedingungen am Schluß der Zeitschrift.

VII. Iahrg. 1896.

Leipzig Darmstadt Wien.

Mai-Heft.

Geselligkeit

Abbildung Nr. 3HZ.

und -Hnnen-^Mekoration.

Line Plauderei von Hans Schliepmann.

Win gewiegter Journalist sagte einmal:

„Man gebe mir nur zwei Hauptwörter,
und ich mache einen Leitartikel daraus, und
wär's aus Mondkrater und Apfelstrudel
oder aus Kuhpocken und Symbolismus".
Ich fürchte, man wird bei obigem Titel
zu dem Verdacht kommen, daß ich eine ähn-
liche Seiltänzerei mit Begriffen aufführen
wolle. Mas hat unsere Geselligkeit mit
der Innen-Dekoration zu thun und umge-
kehrt? Da will ich denn nur gleich klar
und ehrlich, wie der Herr Pfarrer, das
Erste, Zweit' und Dritte meines Sermones
vorher verkünden. Nämlich erstens, schaut
Euch einmal unsere Geselligkeit an sich ein
klein wenig mit mir an, zweitens: kann
oder könnte unsere Geselligkeit nicht vielleicht
der Innen-Dekoration und damit dem ganzen
Kunstgewerbe nützen? und drittens: was
kann gleichzeitig die Innen-Dekoration wieder
für unsere Geselligkeit thun? — Nun sieht's
schon etwas gebildeter ausl Ganz so ge-
bildet wie unsere Geselligkeit, oder gar noch
gebildeter, was noch nicht viel sagen will,
denn, Hand aufs Herz: welch eine inner-
liche Bildung verräth unsere landläufige
Art der Geselligkeit, — die landläufige

der besseren Kreise? — Wenn wir einmal von unserem gesell-
schaftlichen Zwange, von der unbedingten Anbetung der leider zum
Fetisch gewordenen geselligen Formen absehen: welche Karikatur
alter deutscher froher Gastlichkeit ist unsere Geselligkeit von heute!
Mas beim Wirth Güte und beim Gast Freude sein sollte, ist hier
harte Pflicht und dort langweilende Arbeit geworden. Mer inner-
halb der „Gesellschaft" steht, d. h. zu denjenigen Kreisen von
Betitelten oder Besitzenden gehört, die ihren Merth, ihr Recht,
„dazu zu gehören," lediglich dadurch beweisen, daß sie Alles, was
einmal „Brauch" ist, unbesehen als gut und zur Nachbetung
unerläßlich ansehen, die nicht die Person, sondern deren Stellung
in ihrem Kreise abschätzen — wer, sagen wir's doch einmal frei
heraus, um seines Fortkommens willen äußere Geselligkeit pflegt,
der weiß auch im Stillen sehr wohl, daß er da lediglich „Opfer
bringt", ob er gebe oder empfange.

Ich darf das an dieser Stelle wohl einmal offen sagen, denn
zunächst sind die Leser dieser Zeitschrift an sich zu freieren An-
sichten geneigt, wie sie die Beschäftigung mit der Kunst, überhaupt
schöpferische Thätigkeit von selbst mit sich bringt. Andererseits
aber wird der Byzantinismus unserer heutigen geselligen Formen
nachgerade auch Denen, die jeden gesellschaftlichen Verstoß schier
noch mehr als ein Verbrechen fürchten, ein unleidlicher Zwang,
und sie warten blos, bis ein Anderer den Muth findet, die Fessel
zu brechen, die sie selbst wund drückt.

Man sage nun nicht, Derartiges gehöre nicht an eine Stelle,
wo künstlerische Fragen erörtert werden! Ich behaupte im
Gegentheil, daß alle theoretische Kunsterörterung für weitere
Kreise vollständig belanglos ist, so lange sie nicht außer den
Ausübenden auch die „Interessenten" in Betracht zieht. Die Kunst
braucht zu ihrem Gedeihen nichts nöthiger als — Abnehmer.
Man kann vor den Schaffenden auch — akademische Fragen
 
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