Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstwart und Kulturwart — 35,1.1921-1922

DOI Heft:
Heft 6 (Märzheft 1922)
DOI Artikel:
Avenarius, Ferdinand: Zwanzig Jahre Dürerbund
DOI Artikel:
Rade, Martin: Der Teil fürs Ganze: ein Wort von Wesen und Aufgabe der Parteien
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14434#0385

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Aufgaben zu vereinheitlichen. »Schutz der Heimat, Verdrängung zehrender
Vergnügungen durch nährende Freuden im Volk, Lrlösung des geistigen
Schaffens von seiner Abhängigkeit vom Tagesmarktwerte, Kampf gegen
Knechtsinn nach oben und unten, Reform unserer Iugendbildung« erscheinen
als tzauptangelegenheiten des Dürerbundes. Mit Ernst und Eifer und
organisatorischer Kraft geht der Bund an die Verwirklichung seiner Ziele.
Mit dem Geiste anfrichtiger Sachlichkeit erstrebt der Dürerbund eine um--
fassende Kulturorganisation, die mit allen Rädern ineinandergreifen, die
vorwärtsdrängende Minderheit zusammenschließen und Fühlung mit dem
gesamten Volksleben gewinnen soll. Aristokratische Tendenzen und soziale
Gesinnungen sind gleicherweise an diesem Ziel beteiligt."

Wir dürfen es getrost sagen: Äber den Wert unsres Bundes haben nun
Tausende von Stimmen gesprochen, und alle in einer Richtung. Soll das
alles verloren gehn, wenn A us l an d s d e u t s ch e es retten
können? Es sind keine ungeheuerlichen Summen, die wir brauchen. Wel-
cher Einzelne, welcher Verband stiftet ein paar tausend Dollars dem Dürer-
bunde?* A

Der Teil fürs Ganze

E>n Wort von Wesen und Aufgabe der Parteien

rammatiker und Studienräte wollen verzeihen, wenn ich ihrem
I^^Wortschatz eine Wendung entwende, um sie ganz anders zu verwen-
^»--^den. Ich hoffe, sie werden zugestehen, zu idealem Zwecke.

Die Flucht des anständigen Menschen vor den Parteien und damit
vor der Politik muß überwunden werden. Denn die Flucht vor den Par-
teien ist die Flucht vor der Politik. And daß wir Politik treiben und sie
so ernst nehmen, wie nur irgendeine Pflicht sonst, du und ich, daran hängt
geradezu das Heil des Vaterlandes. Was ist Politik? Man sagt: die
Kunst des Möglichen. Zugestanden. Aber die Hauptsache verschweigt
man dabei, indem man sie voraussetzt. Es ist aber besser, wir sprechen
auch von der Hauptsache, ja recht deutlich und laut. Politik kommt her von
polis, d. h. auf griechisch „Stadt" oder „Staat", Stadt und Staat war
damals ungefähr dasselbe. So ist also Politik die Kunst, sich um den
Staat zu kümmern, oder, um bei jener beliebten Definition zu bleiben:
die Kunst, sein Möglichstes zu tun für den Staat.

Das aber ist's, was der heutige Staat oder das heutige Staats-
volk so nötig hat wie das tägliche Brot: daß seine Bürger sich um ihn
kümmern und für ihn das Möglichste tun. Ob jemand mit der Katastrophe
von M8 zufrieden ist oder nicht, bleibt für diese Erkenntnis ganz gleich-
gültig. Denn auseinandergehen dürfen die Meinungen und der Wille
wohl darüber, was denn nun dem Staat am besten diene, und was denn
nun das Menschenmögliche sei. Aber daß unser Staat nur durch das
Zusammenwirken Aller in voller Verantwortung und Entschlossenheit ge-
deihen kann, das gilt für uns Staatsbürger ohne Ausnahme. Uns werden
heute Führer, Verantwortliche nicht mehr einsach durch Geschichte und
Herkommen, durch eine automatisch arbeitende Staatsmaschine gegeben,
sondern wir selber sollen unsere Autoritäten und Regierungen immer neu
aus uns herausstellen. Können wir das, so erfüllen wir das Gebot der
Stunde; wenn nicht, so sind wir reif, unterzugehen.

* Etwaige Sendungen nimmt sein Schatzmeister, Georg D. M. Callweh in
München (Finkenstraße 2), entgegen.

3(7
 
Annotationen