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Implementierung und Evaluation eines Triagesystems für neurologische Patienten in einer zentralen Notaufnahme

Stein, Patrick

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PDF, German
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Abstract

Einleitung Patienten mit neurologischen Symptomen bzw. Symptomkomplexen haben in den letzten Jahren im erheblichen Maße zum stetigen Anstieg des Patientenaufkommens deutscher Notaufnahmen beigetragen. Die notfallmäßige Versorgung dieser Patienten stellt nicht-neurologisches Fachpersonal durch die Kombination aus potentiell zeitkritischen Diagnosen auf der einen und einem breiten ätiologischen Spektrum mit variierender Dringlichkeit auf der anderen Seiten vor große Herausforderungen. Obwohl dieses ambivalente Szenario ideal für die Anwendung eines Triagesystems zwecks Ermittlung einer Behandlungspriorität geeignet ist, werden neurologische Patienten durch die aktuell gängigen Systeme nur inadäquat abgebildet. Die alleinige Fokussierung auf instabile Vitalparameter als Indikator der höchsten Dringlichkeitsstufe bei gleichzeitiger Vernachlässigung der zeitlichen Dynamik sowie assoziierter Nebensymptome disqualifiziert diese Systeme für den Einsatz an neurologischen Patienten. Das in dieser Studie untersuchte Heidelberger Neurologische Triagesystem (HEINTS) wurde unter Berücksichtigung oben genannter Aspekte entwickelt und setzt sich zum Ziel, eine adäquate Ersteinschätzung neurologischer Notfallpatienten mit einer daraus resultierenden Prozessoptimierung zu ermöglichen.

Material und Methoden In einem ersten Schritt erfolgte die retrospektive Analyse aller neurologischen Patientenkontakte der Zentralen Notaufnahme der Universitätsmedizin Mannheim des Jahres 2017 mit Erfassung von demographischen Daten, des Leitsymptoms, der Warte- und Behandlungszeit, des Ressourcenverbrauchs sowie des Verbleibs des Patienten. Zusätzlich erfolgte hierbei eine retrospektive, standardisierte Dringlichkeitsbewertung eines jeden Patienten als „neurologisch dringlich“, „neurologisch nicht-dringlich“ oder „nicht neurologisch“. In einem zweiten Schritt erfolgte die prospektive Erhebung nach Implementierung des HEINTS an einem Patientenkollektiv im April 2018 (n= 300) sowie ein Vorher-Nachher-Vergleich zwecks prospektiver Analyse des Einflusses auf Wartezeit, Behandlungsdauer und Ressourcenverbrauch. Zusätzlich wurde durch Bestimmung des prädiktiven Wertes für den zu erwartenden Ressourcenverbrauch sowie für die Hospitalisation des Patienten eine Prüfung der Validität des HEINTS durchgeführt.

Ergebnisse Die retrospektive Analyse der neurologischen Notfallkontakte des Jahres 2017 umfasste 5340 Patienten, wovon 1896 (36,4 %) als „neurologisch dringlich“ und 2427 (46,6 %) als „neurologisch nicht-dringlich“ eingeschätzt wurden. Es wurden 2215 (51,2 %) Patienten stationär aufgenommen. Patienten mit einem Alter über 65 Jahren wurden signifikant häufiger als „neurologisch dringlich“ bewertet (p < 0,001). Bewusstseinsstörungen, motorische Einschränkungen, Sehstörungen und Sprach-/Sprech-/Schluckstörungen waren signifikant häufiger Ursache „neurologisch dringlicher“ Vorstellungen, während Krampfanfälle, Kopfschmerzen und Schwindel signifikant häufiger in der Gruppe „neurologisch nicht-dringlicher“ Vorstellungen zu finden waren (jeweils p < 0,001). Trotz dieser Unterschiede war eine suffiziente Dringlichkeitseinschätzung alleinig anhand des Leitsymptoms nicht möglich. Nach Implementierung des HEINTS im April 2018 konnte eine signifikante Reduktion der Behandlungsdauer (p < 0,001), des Ressourcenverbrauchs (p < 0,001) sowie der Wartezeit, letzteres insbesondere für „neurologisch dringliche“ Patienten (p = 0,005), im Vergleich mit dem Patientenkollektiv des April 2017 (n= 299) beobachtet werden. Im Rahmen der Ersteinschätzung wurden 94 (31,3 %) Patienten der Kategorie 1, jeweils 91 (30,3 %) Patienten den Kategorien 2 und 3 sowie 24 (8 %) Patienten der Kategorie 4 zugeordnet. Die Hospitalisationsrate zeigte signifikante Unterschiede zwischen den einzelnen Triagekategorien mit steigender Wahrscheinlichkeit einer Hospitalisation bei höherer Dringlichkeitsstufe (p < 0,001). Sowohl der allgemeine als auch der fachspezifische Ressourcenverbrauch unterschieden sich signifikant zwischen den Triagekategorien mit steigendem Ressourcenverbrauch bei höherer Dringlichkeitsstufe (p < 0,001).

Diskussion Die in der retrospektiven Analyse festgestellte Aufnahmerate von 51,2 % verdeutlicht die Problematik nicht-dringlicher Patientenvorstellungen in deutschen Notaufnahmen. Unzureichende Erfahrung mit neurologischen Krankheitsbildern, die Angst ein zeitkritisches Therapiefenster zu verpassen und das daraus hervorgehende Sicherheitsdenken veranlassen nicht neurologische Fachrichtungen dazu, die notfallmäßige Untersuchung vergleichsweise früh zu initiieren. Auf der anderen Seite bewegt die ganztätig zur Verfügung stehende Notaufnahme in Kombination mit langen Wartezeiten auf ambulante Termine die Patienten zu einer selbstinitiierten Vorstellung. Die aktuell postulierten Lösungsansätze, wie etwa eine E-Mail-Triage oder eigens reservierte kurzfristige Terminslots in den Hochschulambulanzen gewährleisten keine direkte Patientenevaluation. Während diese größtenteils präklinischen Faktoren durch die Einführung eines Triagesystems unberührt bleiben, verdeutlicht die nach Implementierung des HEINTS festgestellte Reduktion von Wartezeit, Behandlungsdauer und Ressourcenverbrauch die innerklinische Relevanz eines solchen Ersteinschätzungssystems. Die Schaffung klarer zeitlicher Vorgaben bezüglich der zumutbaren Wartezeit führt zu einem gesteigerten Bewusstsein für Aspekte des Zeitmanagements auf Seiten des Personals. Die Senkung des Ressourcenverbrauchs, welche u.a. auf eine kritischere Indikationsstellung zurück-zuführen ist, trägt durch Vermeidung zeitaufwendiger radiologischer und laborchemischer Diagnostik sowie konsiliarischer Untersuchungen zu einem effizienteren Patientenmanagement mit daraus resultierender Senkung der Behandlungsdauer bei. Die geringe Behandlungsdauer der Patienten der Triagekategorie 4 verdeutlicht das zeitoptimierte Management potentiell ambulant führbarer Patienten, welche somit in Zeiten überfüllter Notaufnahmen einen geringeren negativen Einfluss auf den Arbeitsfluss ausüben. Die Korrelation der zugeteilten Triagekategorie mit dem Ressourcenverbrauch und der Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden Hospitalisation erlaubt dem Anwender eine erste Einschätzung des Patientenverlaufs bereits nach erfolgtem Erstkontakt und ermöglicht somit eine frühzeitige Planung der Diagnostik und einer etwaigen stationären Aufnahme.

Document type: Dissertation
Supervisor: Szabo, Prof. Dr. med. Kristina
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 15 December 2020
Date Deposited: 10 May 2021 12:44
Date: 2021
Faculties / Institutes: Medizinische Fakultät Mannheim > Neurologische Klinik
DDC-classification: 610 Medical sciences Medicine
Controlled Keywords: Neurologie, Triage, Notfallmedizin
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