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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 74.1924

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Fischer, Josef Ludwig: Jubiläumsausstellung des Wiener Kunstgewerbevereins: Geschichte der Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8625#0097
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JUBILÄUMSAUSSTELLUNG DES WIENER KUNSTGEWERBEVEREINS:
HAUPTAUSSTELLUNGSRAUM

JUBILÄUMSAUSSTELLUNG DES WIENER KUNST^

GEWERBEVEREINS.

I. GESCHICHTE DER AUSSTELLUNG.

Die Ausstellung hat eine kleine Geschichte. Das
Eindringen des Österreichischen Werkbundes stellte
alle Kreise, die in und aus dem Wiener Kunstgewerbe
hervorgegangen waren, in und mit ihm fühlten, vor die
Pflicht, sich in irgend einer Form mit den Ideen, Zielen,
Wegen und Abwegen des Werkbundes auseinander
zu setzen. Das geschah mit der dieser Stadt eigenen
Unauffälligkeit, die in anderen Gebieten fast Resi-
gnation bedeutet, was noch besonders durch die Kriegs-
und Revolutionsjahre verschärft wurde. Auch in Wien
verkennt niemand die guten Absichten des Werkbun-
des. Man ließ ihn mit abwartender Stellung gewähren,
um die letzten Resultate zu prüfen. Mehr noch wie in
Deutschland gingen die neuen Ideen in Wien, wo man
es nicht so sehr erwartet hätte, ins Zeug, ergriffen alle
Gebiete der angewandten Kunst und Gegenstände des
täglichen Lebens, die sich formen und vergewaltigen
ließen, und wie man auf der Deutschen Gewerbeschau
vor einigen Jahren beobachten konnte, war es vor allem
das Bestreben, einen neuen Stil um jeden Preis zu schaff
fen, das Formale unter allen Umständen neu zu ge-
stalten, ob man sich dabei auch in absonderliche Fernen

verirrte und den spezifischen Zweck des Gegenstandes
übersah. Die Reaktion des Wieners war Freude am
sensationellen Reiz des Ungewohnten, und als dieser
verflogen war, Gleichgültigkeit, noch stärkeres Ritar-
dando im Kauf, ja fast ein eigensinniger Rüdrfall in alt-
beliebte, gewohnte Formen. Ein Beweis dafür ist die
Ausstellungs- und Verkaufshalle des Wiener Kunsu
gewerbevereins in der Bräunergasse, die neben sehr
vielem Schönen und Guten aus aufgezwungenen Ge-
schmacks= und Verkaufsgründen manches enthalten
muß, was den Leitern selbst Beklemmungen verursacht.
Diese Widersprüche drängten an sich schon zu einer
Reinigung und Lösung innerhalb des engeren Rahmens
des Vereins,- in die breiteste Öffentlichkeit aber wurde
die Angelegenheit durch die Initiative des Vorsitzen-
den, des Herrn Kommerzialrates Krampolek, getragen:
Das Jahr 1924 ist für den Wiener Kunstgewerbeverein
ein denkwürdiges, insoferne er Anlaß hat, das Ergebe
nis aus einer vierzigjährigen Tätigkeit zu ziehen. War
es also der Jubiiäumsgedanke, der den genannten Prä-
sidenten des Vereins zu der Ausstellung anregte, so
kamen noch folgende günstige Momente dazu: Die

Kunst und Handwerk. Jahrg. 1924. 6.^Heft

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