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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 18.1906

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Zimmermann, Ernst: Neugestaltete Klaviere: auf der III. deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung Dresden 1906
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https://doi.org/10.11588/diglit.8554#0387

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NEUGESTALTETE KLAVIERE

AUF DER III. DEUTSCHEN KUNSTGEWERBE-AUSSTELLUNG DRESDEN 1906.

iZlavier und Orgel, für das Ohr der Inbegriff aller
Harmonien, stellen für das Auge in der Regel
desto schlimmere Dissonanzen dar. Nur zu oft stört
die Orgel das weite Kircheninnere durch den Paral-
lelismus ihrer Pfeifen, durch den unruhigen Glanz
ihres Metalls. Das Klavier dagegen verletzt durch
die Unschönheit seines Aufbaues, der beim Piano-
forte so hart gegen das senkrechte schwere Gehäuse
der Saiten den schmalen, vorspringenden Tasten-
kasten schiebt, beim Flügel zu einer langweiligen
Flächenausdehnung gelangt, die nur auf wenigen weit
auseinander gespreizten Füßen ruht und sich auch
noch des unorganischen Anhängsels des Pedalhalters,
erfreut, beide Instrumente haben dann noch den
Nachteil, daf5 sie infolge ihrer aus musiktechnischen
Gründen zu ihrer Breite niedrigen Höhe nicht deko-
rativ an der Wand wirken können, und daß sie
immer an anderer Stelle gekauft, als unser Mobiliar,
diese andere Bezugsquelle in der Regel nur allzu
deutlich verraten. Sie wirken wie Fremdkörper in
unseren Zimmer-Einrichtungen.

Aus diesen Gründen haben, wie man auf der
Dresdner Ausstellung sehen kann, die neuen Be-
strebungen auf dem Gebiete der dekorativen Kunst
mächtig Wandel zu schaffen gesucht. Wie man eine
Orgel geschmackvoll in einen Kirchenraum einfügen

kann, das hat, wie bereits früher erwähnt, Frirj Schu-
macher hier in seinem protestantischen Kirchenraum
gezeigt: Die Orgel ist da gleichsam zum Ornament
geworden, ihr Schimmer zum koloristischen Grund-
element. Versuche aber, auch das Klavier künstle-
risch zu gestalten, finden sich auf der Ausstellung
erstaunlich viele. Sie zeigen die mannigfachsten
Lösungen, darunter auch manche schon recht ge-
lungene, so daß kein Zweifel mehr darüber sein kann,
daß dies Musikinstrument sich künftig unsren Woh-
nungen harmonischer anzupassen verstehen wird.

Zuerst von den Flügeln! Da ist ein solcher im
Empfangszimmer Grenanders, der alle Formen
dieses Instrumentes, so weit wie möglich, in die
Kurve zwingt. Auch die drei dicken Beine streben
in gekrümmten Umrißlinien empor. Das Pedal
aber wird durch große Metallbügel mit den Beinen
zur Seite verbunden. Sie durchbrechen sie und
haften erst an der Außenwand des Gehäuses an,
haben zugleich aber den Entwerfer gezwungen,
Metall auch an anderen Stellen z. B. an den Fuß-
enden anzubringen, obwohl solche Verbindung von
Metall und Holz kaum sehr zu empfehlen sein dürfte.
Mit diesem Flügel hat, von der Metallverwendung
abgesehen, eine gewisse Ähnlichkeit der von Pankok
in seinem Festraum, nur ist hier die Kurvung noch
 
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