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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 5.1889

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Graul, Richard: Kunstgewerbliche Streifzüge, [4,6]: Bemerkungen über Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.3586#0013

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Fig. 3. Kommode von Wilhelm Beneman. (Palais de Fontainebleau.)


Kunstgewerbliche ^treifzüge.

Von Richard Graul.

IV. Bemerkungen über Möbel des und H8. Iahrhunderts.
6. Das Ende des Stiles Louis XVI.

Unsere letztmaligen Bemerkungen über
Möbel des 17. und 18. Jahrhunderts galten
vornehmlich —- Band IV, S. 49—53 — dem her-
vorragendsten Ebenisten des Stiles Louis XVI.,
demJean Henri Riesener. Aber wir hatten an
gleicher Stelle darauf hingewiesen, wie zahlreich
sich neben den tonangebenden Meister tüchtige
Genossen und Rivalen scharten, und hatten knrz
angedeutet, daß deutsche Kunsthandwerker an
der Umformung des leichten zierlichen Louis
XVI.-Stiles der Marie Antoinette zu einer
nüchterneren und schwerfälligeren Weise, welche
den Stil der Revolutionszeit vorbereitet, nam-
haften Anteil nahmen. David Roen tgen aus
Neuwicd und Wilhelm Beneman ragen vor
allen hervor. Roentgen, der mit den Erzeug-
nissen seiner Wcrkstatt in Neuwied eincn inter-
nationalen Handel trieb, zeichnete sich aus durch
die Kunst, mit der er die Marqueterie handhabte.
Nicht in der Erfindung, nicht in der formalen
Komposition liegt der Schwerpunkt seines
Könnens, wohl aber hat sich Roentgen um die
Ausbildung der Marqueterietechnik die größten
Verdienste erworben: mit einer Auswahl Ton
in Ton gebeizter Hölzer wußte er der älteren
Weise, die namentlich exotische Farbhölzer ver-
wandte, selbständige nicht minder wirkungsvolle

Weise an die Seite zu sctzen. Die Herstellung
der Bronzeappliken und gelegentlichen Einlagen,
von welchen übrigens die Mode mehr und
mehr abkam, rührten nicht von Roentgen
selbst her. Denn schon längst hatte sich in
der Kunst des Ebenisten jene Arbeitsteiluug
eingestellt, der in erster Linie die Rettung
technischer Meisterschast bis in die Zeit offen-
baren Kunstverfalles an dcr Wende des Jahr-
hunderts zu danken ist. Kein einziger dcr
namhaften Ebenistcn aus der zweiten Hälfte
des 18. Jahrhunderts vereinigte, etwa wie der
alte Boulle, erfindende und ausführende Kraft
in ähnlichem Maße. Jn der Komposition ihrer
Möbel hielteu sich die Ebenistcn an die vor-
bildliche Thätigkeit der Ornamcntstecher, die
wie Ranson, Lalonde, Cuvilliös, Delafossc deu
Handwcrkern bis iu das kleinste Detail sorg-
sam vorgezcichncte Mnster licferten, währcnd
an der Ausführnng die verschiedcnsten künst-
lerischen Kräfte, dcr Bronzearbeitcr, der Ver-
golder u. a. ihren Auteil beansprnchen. Kein
Wunder, wenn dabei den Möbeln ein gut Teil
individuellen Charakters verloren geht.

Zu alledem war der Fvrmenschatz des Mobi-
liars beiuahe crschöpft, für alle Bcdürsnisse warcn
bcstimmte Formen gefunden wordcn, so daß uns
 
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