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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 11.1931

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Heft 7 (Juli 1931)
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Wiedermann, Fritz: Was der alte Burgwall erzählt
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Greve, Rudolf: Heute sollt ihr erzählen ...
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https://doi.org/10.11588/diglit.28010#0198

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die Heimat weckt Tausende von Streitern um ihre
Grenzen.
Der alte Ringwall mit seiner Geschichte, mit seinen
Funden und seinem Bilde sollte auch die Gegenwart
und vor allem die Jugend anregen. Hier ist ein Vor-
wand, um die Kinder an das Leben in der Vorge-
schichte heranzuführen. Diese Gebiete, die sonst
schwer dem Kinderherzen nahezubringen sind, weckt

der Zeichenstift zu Leben und Bedeutung. Das Bild
in der Landschaft, die Form des Walles, schließlich
die Funde und eine Rekonstruktion der Bauten und
Wohnhütten geben wechselvolle Themen für den Zei-
chenunterricht. Zugleich wird der Zeichenlehrer, wie
so oft, zum Mitarbeiter der Wissenschaft, die auf die
Stillen im Lande hofft, die am großen Werke mit Liebe
und Freude mitarbeiten.


R. Geve, Bad-Oldesloe

Zu dem Aüfsflty:
Heule sollt ihr erzählen . . .

RUDOLF GREVE, BAD-OLDESLOE: HEUTE SOLLT IHR ERZÄHLEN...

Es klingelt. Beginn der Stunde. Quarta.
Achtzig blanke Jungensaugen, blaue und braune
erwarten mich beim Eintritt in die Klasse. Voller Span-
nung, die immer dann bemerkbar wird, wenn ein
Thema beendet, wenn es etwas Neues gibt. Was es
wohl sein mag?
Setzt euch! Stühle poltern ein wenig (nicht zu viel,
das mag „er" nicht haben). Es wird getuschelt (ein
wenig ist erlaubt, soweit es zur Sache gehörig, wie
„er" sagt), aber dann ist auch das zu Ende. Es wird
ruhig. Was es wohl gibt?
Jungens, ich bin heute morgen durch meinen Garten
gegangen, es hatte die Nacht schon ein wenig gefroren.
Es wurde mir ein bißchen weh ums Herz, so ein ganz
klein bißchen, warum wohl? Ganz recht. Was gestern
noch so schön blühte, in der Sonne aufleuchtete und
mir morgens seinen farbigen Gruß bot, war über Nacht
schwarz und unscheinbar geworden. Mehr noch. Ja
wohl, überall feine Gespinste, alles wie mit einem
feinen grauen Hauch überzogen, Spinnengewebe.
„Altweibersommer" sagt der Volksrnund. Warum wohl?
So bin ich von Blume zu Blume gegangen, einige hat-
ten den Frost noch überstanden; die Rosen zeigten
noch Knospen, wenn in der Farbe auch schon ein
wenig blasser. Aber ums Haus herum, ihr kennt's ja
alle, da nickten noch die dicken Sonnenblumen, mit
ihren gelben Köpfen und sagten zu mir: Sei doch froh,
sieh doch nur, da ist schon wieder die strahlende
Sonne, die uns und dich wärmt und trotz des Oktobers
noch einen leuchtenden Sonnentag schenkt. Weiter
konnte ich mich mit ihnen nicht unterhalten, die Uhr
mahnte: Du mußt zur Schule, die Quarta wartet auf
dich. Ich hätte euch sonst noch viel mehr von meinem
Haus und Garten erzählen können, aber ein andermal.
Heute nun sollt i h r mir erzählen von eurem Haus
und eurem Garten, wie es dort aussieht. Aber

nicht mit Worten, wie ich es eben tat, sondern mit der
Feder aufschreiben, nein, aufzeichnen oder nennt es
doch schreiben, wie ihr wollt. Euer Thema soll lauten:
Unser Haus und Garten.
Ob du es von vorn machen sollst?
Ich weiß es nicht. Nimm doch die Seite, die du für
die schönste hälst und die du mir zeigen willst.
Ob du den Vor- oder Hintergarten machen sollst?
Welchen du willst.
Du hast keinen Garten? Gai keinen?
Ja, aber es ist ein Schrebergarten.
Schön, erzähle von ihm.
Muß ich den ganzen Garten machen?
Wie du willst, mit einem Stücklein bin ich auch zu-
frieden . . . Möchte noch jemand fragen?
Muß ein Rand herum um das Blatt?
Ja. Dann habt ihr gleich einen Rahmen und Platz
für eine Unterschrift. (Sie haben es doch nicht alle
gemacht.)
Jetzt ist Ruhe. Wir arbeiten in Gruppen. Warum?
Nun, da alle an der Arbeit sind, will ich ganz leise
erzählen, warum.
Auf dem Flur hängen in den Wechselrahmen Zeich-
nungen der Obertertia mit weißer Tinte auf schwarzem
Papier. Pflanzenstudien. Da ist die Quarta zu mir ge-
kommen: Können wir so was nicht auch mal machen?
Ja, Jungens, aber so eine Flasche kostet 30 Pfg. und
ihr wißt doch von unserer letzten Unterredung, daß
wir sparen wollen, wo wir können. (Sparerlaß.)
Ja, aber wenn wir Zusammenlegen, dann können
wir sechs „Mann" aus einer Flasche arbeiten. Dann
kostet's für jeden nur 5 Pfg. Dürfen wir das?
Aber das schwarze Papier kostet auch ein paar
Pfennig.

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