Navigation überspringen
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek


V. Tabulae anatomicae: Anatomische Illustrationen des 16. bis 19. Jahrhunderts

William Smellie (1697–1763)

Der schottische Arzt William Smellie gilt als Vater der natürlichen Geburtshilfe. Er entwickelte die Geburtszange und beschrieb das Verfahren des Eingriffs bei Steißlagen. 1733 wurde er Mitglied der medizinisch-chirurgischen Abteilung an der Universität von Glasgow und lehrte dort Geburtshilfe.

1739 zog er nach London, gründete eine Apotheke und eröffnete eine eigene Praxis. Ab 1741 hielt er unzählige Vorträge und bot praktische Demonstrationen für Medizinstudenten und Hebammen an. Erst 1745 erwarb er an der Universität von Glasgow seinen Doktortitel. 1759 zog sich Smellie zum Schreiben wissenschaftlicher Texte in das schottische Lanark zurück, wo er im Jahr 1763 starb.

In seinen Schriften beschrieb Smellie mit bis dahin nicht erreichter Exaktheit die medizinischen Aspekte und Probleme während des Geburtsvorgangs und stellte so als erster die Geburtshilfe auf eine wissenschaftliche Basis.

Geburtshilfe im 18. Jahrhundert

Die Tafeln von William Smellies „Tabulae anatomicae“, die denen des englischen Originals von 1754 nachgestochen wurden, zeigen annähernd lebensgroße anatomische Details, die für die Prüderie der damaligen Zeit durchaus anstößig wirkten: Neben verschiedenen Kindslagen sind Geburtsvorgänge, darunter auch Zangengeburten, dargestellt.

Die bereits vier Jahre nach dem Erscheinen des „Set of Anatomical Tables with Explanations“ veröffentlichte deutsche Ausgabe enthält einen lateinisch-deutschen Paralleltext. Die 39 großformatigen, alle Details fast in natürlicher Größe wiedergebenden Kupfertafeln des englischen Originaldrucks, der in nur 100 Exemplaren erschien und damals in Fachkreisen großes Aufsehen erregte, stammten von Jan van Rymsdyck (nachgewiesen 1750–1788), Petrus Camper (1722–1789) sowie von Smellie selbst; gestochen wurden sie von Charles Grignon (1714–1810). Die Tafeln der deutschen Ausgabe wurden von dem Nürnberger Johann Michael Seeligmann (1720–1762) ausgeführt.

Die letzten drei Tafeln bilden medizinische Instrumente für die Geburtshilfe ab, wie zum Beispiel die von Smellie entwickelte Geburtszange. Diese stellte eine Weiterentwicklung der von dem französischen Gynäkologen André Levret (1703–1780) eingesetzten Geburtszange dar. Genauso wie diese besaß auch das Smellie’sche Instrument eine Krümmung für Schädel und Becken, um ebenso über den Beckenausgang operieren zu können, weist aber längere Löffel auf. Aus heutiger Sicht bedenklich erscheint die Lederumwicklung der Löffel, die sicher eine Infektionsquelle darstellte.

Die aufgeschlagene Tafel zeigt „die Mutter, worinnen Zwillinge sind, bey angefangenen Wehen.“ Eines der beiden Kinder „hat die gehörige Lage und stehet mit dem Kopf am unteren Theil der Mutter, das andere ist in einer widernatürlichen Lage, und hat den Kopf nach dem Grund der Mutter gekehret. Eines jeden Körper ist mit seiner eigenen Nabelschnur umwickelt, oder umsennet, welches so wohl bey natürlichen, als widernatürlichen Lagen, vielmals zu geschehen pfleget.“

Digitales Faksimile

zum Seitenanfang