Navigation überspringen
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek


V. Tabulae anatomicae: Anatomische Illustrationen des 16. bis 19. Jahrhunderts

Andreas Vesalius (1514–1564)

Andreas Vesalius wurde 1514 in Brüssel geboren. Nach Studienjahren in Löwen, Paris und Padua wurde er 1537 zum Dr. med. promoviert. Er hielt Vorlesungen zur Chirurgie sowie Anatomie und nahm eigenhändig öffentliche Sektionen vor. 1543 erschien sein Hauptwerk „De humani corporis fabrica libri septem“, kurz „Fabrica“ genannt. 1544 beendete Vesalius seine akademische Karriere und wurde kaiserlicher Leibarzt. 1564 verstarb er auf der Rückreise von einer Pilgerfahrt ins Heilige Land.

Die „Fabrica“ markiert die Geburt der modernen Anatomie. Das monumentale und reich mit Holzschnitten ausgestatte Werk hat mehr als 600 Seiten. Vesalius revidierte über 200 Fehler der bislang gültigen, vor allem auf den spätantiken Arzt Galen zurückgehenden Auffassung vom Bau des menschlichen Körpers. Durch seine Sektionen bewies er, dass Galen wohl nie verstorbene Personen, sondern nur Tiere zergliedert und die so gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen hatte.

Vesalius‘ Forderung, dass nur die Autopsie der menschlichen Leiche zuverlässige Erkenntnisse des Körperbaus erbringen könne, begründete die neuzeitliche Anatomie und das morphologische Denken in der Medizin. Allerdings stieß dieses epochemachende Werk auch auf heftige Kritik. Dennoch ist kein anatomisches Tafelwerk häufiger plagiiert worden.

Ein früher Druck der „Fabrica“ des Vesalius

Bei dem hier gezeigten Druck, dem ältesten im Besitz der Heidelberger Universität, handelt es sich um die vierte Ausgabe, die gleichzeitig die dritte illustrierte und die erste posthum erschienene ist. Sie enthält den kompletten Text der Publikation von 1555, wurde jedoch von Johannes Criegher in kleinerem Format mit neuen Druckstöcken vervielfältigt. Auch alle Tafeln wurden in höchst qualitätvoller Manier in kleinerem Format nachgestochen.

Die „Fabrica“ wird durch eine längere Widmung des Autors an Kaiser Karl V. sowie durch drucktechnische Anweisungen des Autors eingeleitet. Das Werk ist in sieben Bücher gegliedert.

Das dem Text vorangestellte Holzschnittbildnis des Vesalius zeigt den Anatom bei seiner Tätigkeit: Prächtig gekleidet neben einem Tisch stehend, hält er mit der linken Hand einen präparierten Arm am Ellbogen, mit der Rechten fasst er einen Unterarmmuskel im Handbereich. Die Leiche, von der nur ein Drittel des Torsos sichtbar ist, wurde offensichtlich aufgehängt, also in eine Position gebracht, in der vermutlich in Realität keine Armsektion durchgeführt wurde. Auf dem Tisch liegen ein Klappmesser, ein Skalpell und außerdem neben einem Tintenfass ein Blatt Papier mit dem Textanfang des 43. Kapitels im 2. Buch. Auf der Tischkante befindet sich die Inschrift mit der Datierung ins Jahr 1542: „AN.AET.XXVIII.M.D.XLII OCYUS, IVCUNDE ET TVTO“, eine Variation der auf Asklepios zurückgehenden Forderung „Ut tuto, ut celeriter, ut jucunde curet“, es sei Pflicht des Arztes, sicher, schnell und angenehm zu heilen.

Digitales Faksimile

zum Seitenanfang