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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Das Heidelberger Adreßbuch

Wußten Sie schon, dass in Heidelberg im Jahr

  • 1844 die Droschken-Fahrtaxe pro Person und Viertelstunde für einen Einspänner 12 Kreuzer und die für einen Zweispänner 18 Kreuzer betrug?
  • 1846 die sechszehnminütige Fahrt von Heidelberg nach Friedrichsfeld mit der großherzoglich Badischen Eisenbahn in der 1. Klasse 24 Kreuzer, in der 2. Klasse 13 Kreuzer und in der 3. Klasse 12 Kreuzer kostete?
  • 1858 als „Pflastergeldtarif” für jedes laufende Pferd - einerlei, ob mit oder ohne Trag- und Zuglast - 2 Kreuzer erhoben wurden?
  • 1859 für die Besichtigung des Schlosses pro Person ein Besichtigungsgeld von 24 Kreuzern gezahlt werden mußte und die Schloßgartenordnung eine Strafe von 1 Gulden und 30 Kreuzer für das Mitbringen von Hunden vorsah?
  • 1860 das Spielen in "auswärtigen Zahlenlotterien" verboten war?
  • 1874/75 die „Leichenordnung” vier Klassen und eine weitere für Arme umfaßte, wobei nach der evangelischen Taxe für eine verstorbene erwachsene Person in der 1. Klasse 45 Gulden und 9 Kreuzer berechnet wurden, hingegen der katholische Tarif in der gleichen Klasse um 6 Kreuzer billiger war?

All diese und viele weitere Informationen bietet das erstmals im Jahr 1839 erschienene Heidelberger Adreßbuch.

Bereits vor dem Erscheinen des ersten Bandes „über sämtliche Bewohner der Stadt Heidelberg” gab es verschiedene Publikationen, die zumindest teilweise Auskunft über in Heidelberg lebende Personen gaben. So wurde beispielsweise von J. Lampadius 1813 ein Almanach der Universität herausgegeben. Dieses Handbuch enthielt neben der namentlichen Aufführung der Studierenden auch die Hauseigentümer ihrer Wohnungen (vorwiegend Professoren und Wirte). In den 1868-1870 von Hermann Wirth edierten drei Bänden der Vierteljahresschrift „Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg”, finden sich ebenfalls verschiedene Informationen zu Einwohnern der Stadt dieser Zeit.

Ein eigentliches Heidelberger Adreßbuch, „das nur als solches angelegt und der Bevölkerung vornehmlich zu dem Zweck in die Hand gegeben wird, um sich mit den Mitbewohnern derselben Stadt bekannt zu machen” (Zink S. 4), gab es jedoch erstmals 1839. Diese Verzeichnisse wurden bis 1878 in fast regelmäßigem Abstand von zwei Jahren herausgegeben, seitdem erscheinen sie jährlich, sieht man hier von einigen Ausnahmen (Jg. 1921, 1923, 1944 -1946, 1950) ab. Ab 1844 firmierte das Verzeichnis unter dem Titel „Adreß-Kalender”, mit dem 9. Jahrgang 1854/55 kehrte man wieder zur Bezeichnung „Adreßbuch” zurück, setzte jedoch den Untertitel „Einwohnerverzeichnis” hinzu. 1920-1930 erschien es unter dem Titel „Stadtbuch”, dem die Benennungen „Stadtadreßbuch der Kreisstadt Heidelberg” (1931) bzw. „Stadtadreßbuch der Kreishauptstadt Heidelberg” (1932) folgten.

Im Vorwort des ersten Jahrganges schreibt der Heidelberger Buchdrucker Christian Friedrich Prahl, der die Herausgabe als Privatunternehmen begonnen hatte: „Dem vielfachen Wunsche eines geehrten Publikums der Stadt Heidelberg zu entsprechen, wurde die mit großer Mühe und mit vielen Unannehmlichkeiten verbundene Aufnahme bewerkstelligt.” So habe er bei der Beschaffung der benötigten Informationen mit „Widerwärtigkeiten” zu kämpfen gehabt, da teils die „reine Absicht” verkannt, teils „nur mißtrauisch und ungern die erbetene Auskunft gegeben wurde”.

C.F. Prahl blieb auch in den folgenden Jahrzehnten für die Aufstellung des Inhaltes, quasi als Redakteur, verantwortlich, obgleich ab dem dritten Jahrgang 1842 bis zum 16. Jahrgang 1870 der Verlag durch andere Buchhändler, so insbesondere die Universitätsbuchhandlung Bangel & Schmitt übernommen wurde. 1872/73 und 1874/75 erschien das Adreßbuch dann wieder im Eigenverlag von Prahl.

Im Zeitraum 1878-1932 wurde der Inhalt im „Auftrag des Stadtrathes” zusammengestellt, Druck und Verlag besorgte die Buchdruckerei Johannes Hörning, welche seit 1933 als „Heidelberger Stadtadreßbuch-Verlag und Druckerei Johannes Hörning GmbH” (nun unter der Leitung von Karl Hörning) das Unternehmen selbständig, also auch für den Inhalt verantwortlich, weiterführte.

Das erste, 68 Seiten umfassende, kleinformatige Bändchen enthält einen alphabetischen Personenteil, in dem die Gewerbe der Bewohner aufgeführt werden. Die Numerierung der Häuser ist innerhalb der Viertel A-D („Literae”) angegeben. So galt der Buchstabe A für das Gebiet südlich des Ludwigsplatzes (Langemarckplatz), der Buchstabe B für das Gebiet nördlich davon. Die Buchstaben C und D standen für die Bereiche südlich bzw. nördlich des Karlstores. In einem Anhang wurden u.a. die großherzoglichen Lokalbehörden sowie die amtlichen Stellen der Hochschule, der Kirche, der Stadtverwaltung und der Schule verzeichnet.

Dieses Ordnungsschema, das 1852 um ein eigenes, alphabetisch geordnetes Verzeichnis der Einwohner nach ihren „Berufsgeschäften” erweitert wurde, behielt man bis zum Band für 1854/55 bei. Im Jahr 1856 dann wurde eine gänzlich neue Numerierung der Häuser nach Straßen von Westen nach Osten bzw. von Norden nach Süden eingeführt, wobei fast in allen Straßen der Stadt die links gelegenen Häuser ungerade und die rechts gelegenen gerade Nummern erhielten. Für die Hauptstraße erfolgte 1878 eine weitere Änderung, indem die 1856 eingeführte Trennung des "westlichen" und des "östlichen" Teiles aufgegeben wurde. Dies ergab dann auch für den 11. Jahrgang 1858/59 ein neues Gliederungssystem.

Seit dieser Zeit bestehen die Adreßbücher hauptsächlich aus einem dreigeteilten - nach Straßen und alphabetisch nach Namen sowie nach Berufen geordneten - Einwohnerteil, einem Verzeichnis der Behörden, einem weiteren der Anstalten und Vereine, sowie abschließend einer Zusammenstellung der geltenden Verordnungen und Vorschriften. Beim alphabetischen Einwohnerverzeichnis fanden seit 1860/61 auch die in Heidelberg wohnenden „Fremden” Aufnahme, deren Namen zur leichteren Auffindung mit lateinischen Buchstaben gedruckt wurde.

Im Laufe der Jahre wird das Adreßbuch um die außerhalb liegenden Stadtteile erweitert; so kommen 1899 die Bewohner der Stadtteile Neuenheim und Schlierbach sowie 1903 die von Handschuhsheim hinzu, 1909 werden auch die angrenzenden Teile der Gemeinde Rohrbach mitaufgenommen. 1922 umfaßt das Nachschlagewerk Heidelberg und alle seine Vororte. Ab 1934 werden zudem die Gemeinden Ziegelhausen und Leimen in eigenen Anhängen miteinbezogen.

In den Jahrgängen 1848 und 1850 wird eine chronologische Liste historischer "Denkwürdigkeiten" dem Adressenverzeichnis vorangestellt: neben historischen Ereignissen - so beispielsweise dem Besuch Kaiser Karls IV. im Jahr 1378 - auch kleinere, aktuelle Ereignisse, die vielfältige Informationen über das Leben in Heidelberg beinhalten. Im Band 1854/1855 erscheint stattdessen ein zweiseitiger Abriß zur Geschichte der Stadt im Hinblick auf ihre Zerstörungen, mit Hinweis auf die "seit einer Reihe von Jahren" durchgeführten Verschönerungen und mehrere Sehenswürdigkeiten. Ab Jahrgang 1856 stehen die "Sehenswürdigkeiten" im Anhang, ebenfalls dort seit 1858/1859 außerdem ein Anzeigenteil. Beides gehört seitdem zur Standardausstattung, wobei der bald beträchtlich anwachsende Anzeigenteil nicht zuletzt durch häufig beigegebene Illlustrationen überraschende Einblicke in die Kultur- und Technikgeschichte der Zeit gewährt. [Beispiel 1878, Anhang S. IX]

Das Konzept der tabellarisch aufgeführten "Denkwürdigkeiten" findet eine Fortsetzung erst 1886, nachdem der Herausgeber im Jahre 1868 noch einmal in erzählender Form "Einiges aus der Vorzeit von Heidelberg" berichtet hatte. Die "Chronologische Zusammenstellung wichtiger Begebenheiten und Ereignisse in der Stadt Heidelberg", findet sich seit 1879.

Bereits im zweiten Jahrgang 1840 finden sich Angaben zur Einwohnerzahl: So umfaßte die Bevölkerung Heidelbergs damals inklusive der Studierenden, der Bewohner Schlierbachs, des Kohlhofes und des Kümmelbacher Hofes 13.300 Personen (7.319 Evanglische, 5.057 Katholiken, 10 Mennoniten und 284 Juden sowie 630 Studierende). Wie deren Anzahl in den folgenden Jahrzehnten langsam aber stetig wuchs, läßt sich den späteren Bänden, etwa jenen von 1856 (15.061 Einwohner) und 1865/66 (17.657 Einwohner) entnehmen. Im Zeitraum 1872/73, nach dem deutsch-französischen Krieg, waren es 19.910 Bewohner und 1878 bereits 22.234, die sich auf 4.746 Haushalte verteilten. Deren Anzahl verdoppelte sich bis zum Jahr 1909 auf 49.527 Personen und 10.791 Haushalte, wovon in Schlierbach 1.251, in Neuenheim 6.904, in Handschuhsheim 4.414, in Heidelberg-Süd 24.770 und in Heidelberg-Nord 12.188 Menschen lebten. Im Jahr 1926 betrug die Einwohnerzahl 73.034, im Jahr 1933 dann 78.196.

Verständlich, daß mit dem Anwachsen des Inhaltes auch das Volumen des Adreßbuches im Lauf der Jahre zunahm. Von anfänglich 68 Seiten im Jahr 1839 betrug der Umfang im Jahr 1878 bereits 232 Seiten. Bis 1924/1925 steigerte sich dann die Seitenzahl auf 680, sieht man hier einmal von der Kriegsausgabe 1916 ab, die der Papierersparnis wegen, um 200 Seiten gekürzt werden mußte. Bedingt durch die Umstellung auf ein größeres Format im Jahr 1926 sank dann die Anzahl der Seiten auf 442 um in Folge bis 1933 wieder auf 564 zu wachsen.

(Maria Effinger)

HinweisHeidelberger Adreßbücher - digital
externer VerweisHeidelberger Straßen: Namen und Numerierung (Heidelberger Geschichtsverein e.V.)

Literatur

  • Zink, Georg "Vom Werden des Heidelberger Stadtadreßbuches - ein Spiegelbild der Stadtentwicklung in der Zeit von 1839 - 1938", in: Stadt-Adreßbuch der Kreishauptstadt Heidelberg nebst den Stadtteilen Handschuhsheim, Kirchheim, Wieblingen, Rohrbach und den zur Stadt gehörenden Siedlungen sowie den Gemeinden Ziegelhausen nebst dem Ortsteil Peterstal und Leimen für das Jahr 1938. 75. Jahrgang (1938), Heidelberg, S. 1-11.
  • Effinger, Maria: "Wer wohnte wo? Die Heidelberger Adressbücher 1839-1945 online", 2003
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