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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 20.1907

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Schulze, Otto: Zur Lage des Kunst-Handwerks
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https://doi.org/10.11588/diglit.9555#0316

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Otto Scinilzc-Elberfeld:

PROFESSOR MAX LAUGER—KARLSRUHE.

Ruhe-Zimmer im Badhause.

ZUR LAGE DES KUNST-HANDWERKS.

VON OTTO SCHULZE—ELBERFELD.

Als vor etwa zehn Jahren namhafte Künstler
anfingen, den Kampf gegen die Wieder-
holung der historischen Stile zu führen und
sich in schöpferischer Gestaltung die kulturellen
Ansprüche der Zeit als Leitmotiv nahmen,
hat dieses Vorgehen, trotzdem dabei die ab-
surdesten Dinge zutage traten, nicht halb so
viel Staub aufgewirbelt als heute, da wir meinen,
den Höhepunkt der Klärung erreicht zu haben.
Es scheint mir, als könne sich der Mensch
nie dessen recht erfreuen, was er besitzt.
Er schaut vorwärts oder rückwärts, die Gegen-
wart ist ihm nur Mittel zum Zweck: sich mit
der Vergangenheit oder Zukunft zu beschäf-
tigen. Daß man ab und zu Rückschau halten
muß über die zurückgelegte Wegstrecke,
scheint mir selbstverständlich, um zu erfahren,
ob man und wie weit man vorwärts ge-
kommen ist. Dem einen wars nicht genug,
dem zu schnell, jenem zu langsam. Einige
suchten hierbei das Gute, und hielten sich

dabei etwas länger auf, andere nur das Neue,
flüchtig an der Erscheinung des Gesamtlebens
vorbeirasend I

Man hat damals geschimpft wie man heute
schimpft, man hat damals gelobt, gesalbt und
Hosianna geschrieen mit demselben Eifer, wie
man heute diese unglücklich-Glücklichen an
den Pranger stellt. Eins hatte aber die Vor-
zeit des künstlerischen Erwachens voraus : sie
verfügte über Menschen, die für das, was
sie in Kunstdingen der Öffentlichkeit zu sagen
hatten, einen sogenannten anständigen Ton
anzuschlagen wußten. Das scheint mir heute
nicht mehr überall zu stimmen; es hat sich
mancherlei inzwischen verschoben, Standpunkte
und Gesichtspunkte sind wesentlich andere
geworden. Damals stritt man sich mehr
oder weniger noch um gelehrte Dinge in der
Kunst, die wenigen entdeckten Talente waren
die Angelpunkte zahlloser Feder - Ästhetiker;
das eigentliche Leben wurde wenig davon be-

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