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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Hann, Peter.: Eine New Yorker Privatgalerie
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Vincenti, Carl Ferdinand von: Jahresausstellung im Wiener Künstlerhause
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0302

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2ZH Eine New-Norker Privatgalerie. von p. ksann — Iahresansstellung im Wiener Uünstlerhanse. von K. v. Vincenti

Künstlern modellierten Statuen großer Männer wären
passende Bewohner einer orthopädischen Anstalt. — Außer
amerikanischen Skulpturen enthält die Stcwart-Galerie
einen ansehnlichen Bestand an den modern - realistischen
Figürchen aus Jtalien, anf welche wohl nicht näher ein-
gegangen zu werden braucht. Virtuos gcmacht sind sie
alle, und es ergibt in der That keinen nennenswcrten
Unterschied, ob sie heute einen rauchenden Knaben und
morgen ein Müdchen mit zerbrochenem Parapluie darstellen.
Die Mache ist alles, und die ist thatsächlich stets vollendet.
Wer.n man die Stewart-Galerie durchwandert und
sich dem in New-Aork doppelt hoch geschätzten, weil ver-
hältnismäßig selten gewährten Genuß hingegeben hat, der
in der Betrachtnng vortrefflicher Kunstwerke liegt, dann

drängt sich wieder das „Wie schade!" anf die Lippen; ver-
schlingt doch die Versteigerung wohl auf Jahre hinaus
die Summen, welche amerikanische Kunstfrennde zur Be-
reichernng oder dlnlage ihrer Sannnlungen flüssig machen
können. — Das ist ein Nachteil, der kleinere. Aber die
Bilder wären der Anfang zu einer öffentlichen Galerie ge-
wesen, die erhebend, veredelnd auf den, materiellem Geld-
erwerb nur allzu ansschließlich zugewcndcten Sinn des
Volkes gewirkt und New-Aork, der thatsächlichen, wenn
auch nicht staatlich anerkannten Metropole der llnion, einen
künstlerischen Mittelpnnkt verschafft hätte. „Wie schade",
daß die Unsterblichkeit, die cin hochherziger Entschluß deni
kinderlosen Millionär oder seiner Witwe vcrschafst hätte,
so geringen Wert für sie besaß!

Iahresausftellung im wiener Künstlerbause
von K. von Vinrrnti

,i^'s dic siebzehntc. Wicdcr, wie fast allcmal, hat sic
dcr Kaiser persvnlich crösfnet. Nach Tausendcn zählen
die Besuchcr und wirklich, die große Bilderschau vcrlohnt
sich. Fchlt nnch das große Sensallonsbild als solchcs,
welches dem allgemcinen Jnteresse als Mittclpunkt dient,
so hat doch Wien nnter 535 Nummern seltcn so viele
gutc Bilder und Bildwcrke beisammen gesehen, wie diesmal.
Tie Jury war strcng, dafür sei sie bedankt, die Hängc-
kommission gestärkt nnd gastfrcnndlich, dies sei anerkannt.
Wien hat sich an der Berliner Jnbiläumsausstellnng, die
in dicsen Blättern so eingchende Würdigung gesunden, mit
kollegialem Eiser betciligt; dasür hat sich Berlin jetzt mit
einigen Prachtstücken eingcstmden, die den Glanz unserer
Jahresausstellung nicht wenig erhöhen. Am glänzendsten
ist das Genre vertreten, in welchcm Spezialfache sich
dicsnial insbesvndcre eine jüngere Wiener Schule, die mit
erfreulichstem Können cinsetzt, benierkbar niacht. Porträt
und Landschaft bieten einzelne Hanpttreffer, Historie wird
mehr von den Gästen als dcn Einheimischen bestritten ;
Tierbild nnd -stück tretcn dem Wcrte nach tüchttg auf
und das Stillleben entstamint fast durchwegs weiblichen
Paletten. Tie Plastik bietet cine mäßige Anzahl Nummern,
abcr fast ausnahmslos Vvrtreffliches.
Die alte Klage vom Iciedergang der idealen Historic
nach großem Vorwnrf tönt fort. Für Wien ertönt sie nllt
Recht. Wir haben diesmai dem Kvlvssalbilde Ernst
Hildebrands „Tullia", was Wnrf und leidenschaftliche
Behandlung des Vorganges anbelangt, nichts Ähnliches ent-
gegenzustellen. Trotzdem ist das Bild nicht allzu erquick-
lich; das Kvlorit ist schwach nnd das sich bäumende Gespann,
welches die entartete Tochter über des Vaters Leiche hinweg-
trcibt, zu vordringlich in den Mittelpunkt des Jnteresses
gerückt; man ist beinahe gezwungcn, der Aktbewegung der
Pferde alles Übrige unterzuordnen. Ter Münchener Otto
Friedrich stellt ein Historienbild ans: „Elisabeth von
Thüringen iiimmt im Kloster zn Marburg Abschied von
ihren Kindern", welches kolorisllsche Vorzüge hat; voll
Pvesie ist die „Wallfahrt" von N. Gysis, dem bekannten
Griechen in München. Drei junge Wiener, Hirschl,
Seligmann und Krämer treten ziemlich anspruchsvoll
mit Historien-Vorwürfen auf; der Erstgenannte, welcher
das letzte Mal mit seiner römischen Pest-Prozession große
Erwartungen hervorrief, erleidet diesmal mit eincr hciligen

Cücilie — hat Botieellis oder Böcklins Vorbild das Übel
vcrschuldet? — so gründlichen Schisfbruch, daß sein Talent
kaum das nackte Leben rettet; der zweite nimmt es mit
der bekannten Bäreiijagdszene, wo der erste Babenbergcr
dcm Kaiscr Otto das Leben rettete, in größtem Format
auf, ohne gerade der Zlufgabe zu nnterlicgen, was immcr-
hin etwas bedenten will und dcr dritte cndlich swie Hirschl
auch ein Schüler Lcopold Müllers)- bringt cinc biblische
Ehebrecherin nnd cine Himmelfahrt, in naturalistischer
Aianier, nicht vhne Talent, doch bislang ohne Kenntnis
des Orients und seiner typischen Gestaltenwelt. Jm Bild-
nis sind L'Allemand, Viktor Stanffer, Gelli, Thedy,
Hnber, Probst, Tyrahn, Gaul, Panlsen, Be-
raton, Reiffenstein, Vita n. a. mit mehr oder minder
Anerkennung zu nennen. L'Allemand hatte mit seinem
Grafen Erwin Äteipperg in der ordensbesternten Uniform
der kaiserlichen Trabanten-Leibgarde bemcrkensiverte kolo-
ristische Schwierigkeiten zu lösen; er zog sich aus der
Affaire soweit es eben in diesem Kampf der rvten Tönc
möglich war; in Haltnng und Charakterisllk ist das lebcns-
große Zeremonienbildnis ganz vortrefflich. Stauffcr, dcr
Schwager, Schüler und Nachahmer des nnvergeßlichen
Canon, stellt unsern Lordmayor Uhl in Frackgala mit
Orden, Brustkette und Stadtpelz aus, eine monumentale
Arbeit, deren unleugbares Verdienst leider nur teilweise
im Asphalt versinkt. Gelli, dessen Kaiserbildnis im ver-
flossenen Jahre verdientes Aufsehen erregte, ist diesmal mit
eineni großen Damenporträt, trotz der meisterhaften tech-
nischen Vorzüge des Bildes, weniger glücklich gewesen.
Ter Weimarer Max Thedy bringt ein münnliches Bild-
nis, sv interessant in der Technik nnd so echt künstlerisch
in der Auffassung, daß man jnngen Malern das Bild
zum Stndium empfehlen möchte ssiehe die Abblldnng
S. 235). Eine Dame in Olivgrün von Huber ffndet ver-
dicnten Beifall und Paulsens Bildnis des liebenswürdigen
Humoristen Sllnde nicht mindcr verdicntcs Jnteresse;
Ferry Beratons Portrüt (ganze Figur) des französischen
Süngers Blauwaert ist sprechcnd ähnlich und von guter
Haltung; Ganls Bildnisse aus der kaiserlichcn Familic
werden viel bemerkt, ein Männcrporträt von Probst be-
knndet den feinen Pinsel dieses beliebten Künstlers nnd
die Schwester Leopold Mütlers, Marie Müller, end-
lich, zeigt sich nicht allcin wieder als gntc Blldnismalerin,
 
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