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Münchner kunsttechnische Blätter — 2.1905-1906

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Nr. 22
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Bakenhus, Gerhard: Einiges über Oele und Oelfarben [2]
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86

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. 22.

Einiges über Oele und Oelfarben.
Von Maler G. Bakenhus in Kreyenbrück.
(Fortsetzung.)
Es ist nun eigentümlich, dass eine dünn und
hott aufgetragene Farbe viel frischer stehen bleibt
als eine viel durcheinander gequälte. Wenn man
eine Farbe dünn aufträgt, kann man in 8—14 Tagen
ohne Schaden darüber malen, vorausgesetzt, dass
keine fremden Substanzen darin enthalten sind,
z. B. Wachs. An und für sich schadet das Wachs
der Farbe nicht; jedoch gebraucht eine Farbe mit
Wachs zugesetzt viel mehr Oel und dunkelt folg-
lich mehr nach. Dieses ist sogar an Farben zu
sehen, die mehrere Jahre vollständig dem Licht
ausgesetzt waren, während eine zu derselben Zeit
aufgestrichene reine Oelfarbe schön klar geblieben
war. Auf diese Beobachtung bezieht sich auch
wohl die Warnung, keine fremden Stoffe der Oel-
farbe zuzusetzen. Eine Leinwandgrundierung mit
Wachs ist unzuträglich, da die Farbe abplatzt. Uebri-
gens kann einem jeder geschickte Anstreicher das-
selbe sagen. Wenn eine Farbe zu lange getrocknet
hat, ist es notwendig, bevor man darüber malt,
mit etwas mit Wasser verdünntem Salmiakgeist ab-
zuwaschen, da sonst Unter- und Uebermalung keine
Verbindung eingehen. Gut abspülen ist Bedingung.
(NB. Das Verfahren wird nur bei gut trockener Farbe
empfohlen.) Das Wesentliche einer reinen Oelfarbe ist
nun, dass sie, wenn sie ganz fest getrocknet ist,
nicht in Alkohol löslich ist. Allerdings machen
einige Farben eine Ausnahme, z. B. Kasselerbraun
und einige dunkle Ocker.
Es ist nicht notwendig, bei gut gereinigten
Oelen Trockenmittel zu gebrauchen, falls nur reifes
Oel genommen wird. Das Oel von unreifen Früchten
trocknet allerdings nicht ohne Zusatz. Wenn man
der Farbe Lack zusetzen will, sollten nur Hart-
lacke, wie Bernstein und echter Kopal, in Frage
kommen, da nur diese so fest werden, dass die
Bilder ohne Schaden nachher gereinigt werden
können; gerade bei Lasuren werden solche Lacke
in Frage kommen. Des Scherzes halber lasse ich
hier ein Rezept für Oelmalerei und Leinwandgrun-
dierung folgen. In den „Technischen Mitteilungen
für Malerei", Nr. g, vom 1. August 1900, Seite 9,
findet sich folgende Antwort an L. H. in M.: „Das
Trocknen der Oelfarbe kann durch Beimischen
von Ricinusöl und Terpentin verzögert werden; je
mehr Ricinusöl, desto langsamer das Trocknen.
Noch besser ist ein Grundieren der Leinwand mit
weissem Vaselinöl und Verdünnen der Farbe mit
FhöbusD (Schminke & Comp., Düsseldorf). Soll das
Bild nach dem Fertigmachen trocknen, so bestreicht
man die Rückseite der Leinwand mit einem Brei
von Ton und Wasser. Der erstere zieht innerhalb
einiger Tage das überflüssige Vaselinöl aus und die
Farbe trocknet regelrecht auf." Vaselinöl ist ein
nichttrocknendes Fett; sobald nur die geringste

Menge zur Oelfarbe kommt, trocknet dieselbe selbst
nicht in Jahren, sondern bleibt klebrig, so dass
sich Staub und Schmutz hineinsetzt. Falls man
diese klebrigen Bilder lackiert, reissen sie, dass
man Erbsen hineinsäen kann. Das müsste übrigens
ein merkwürdiger Ton sein, der nur das Vaselinöl
herauszöge und das andere unberührt Hesse, noch
dazu durch eine dicke Leinwand. Nach einer Probe,
die ich machte, zieht sogar in zehn Wochen der
Tonbrei das Vaselinöl nicht durch die Leinwand
und höchstwahrscheinlich überhaupt nicht!
Von Zeit zu Zeit tauchen immer wieder Klagen
auf von Unhaltbarkeit unserer Farben, die alten
Meister hätten doch viel besseres Material gehabt
u. dergl.
Tatsächlich ist es aber umgekehrt; eine solch
reichhaltige Palette von wirklich unveränderlichen
Farben, wie wir sie benützen, hat noch nie exi-
stiert und wenn sich viele moderne Bilder nicht
halten, so liegt es daran, dass mancher Maler seinem
Material etwas zumutet, was es naturgemäss nicht
leisten kann oder auch aus der Unmasse von Far-
ben, die uns zur Verfügung stehen, gerade die un-
haltbarsten, wenn auch momentan brillanten Töne
heraussuchte, um einen Effekt zu erzielen.
Bei sorgfältiger Auswahl der Farben können
wir ebenso haltbare Bilder malen, wie es die alten
Meister konnten, vorausgesetzt, dass wir ebenso
sorgfältig zu Werke gehen. Da heisst es aber vor
allen Dingen, sein Material kennen und nicht auf
Treu und Glauben alle möglichen, unter schönen
Namen angeführten Geheimmittel verwenden. 1827
bemerkt L. Köster in seinem ersten Heft über
Restauration alter Oelgemälde, Seite 4g: „Es müsste
für die Materialien, deren Zubereitung dem Labo-
ranten anheimfällt, Rezepte geben, wissenschaftlich
bestimmt, die man sich, ebenso zuverlässig wie ein
medizinisches Rezept in jeder grösseren Stadt könnte
ausführen lassen, womit dem Schwanken oder gar
völligem Verschwinden einerFarbe vorgebeugt wäre."
Das was Koster verlangt, haben wir ja; sogar
ohne viel Mühe kann ein Maler sein Material selbst
auf Unechtheit prüfen, denn die Chemie hat in den
letzten 70 Jahren ungeheure Fortschritte gemacht
und welche nun erst seit 200 Jahren! Die meisten
Farben, deren wir nicht mehr entraten können,
sind in dieser Zeit entstanden, Kadmium, Kobalt-
blau und -grün und die anderen Verbindungen des
Kobalts, die Chromoxyd matt und feurig, Grün-
blau und Blaugrünoxyd. Denn man muss wohl
wissen, dass den alten Künstern kein einziges
wirklich haltbares Grün zur Verfügung stand; nur
unter grossen Vorsichtsmassregeln mussten sie sich
dasselbe durch Lasuren u. s. w. herstellen und auch
dann hat es sich in den meisten Fällen nicht
gehalten, sondern ist total braun oder auch manch-
mal blau geworden; und nun unsere prächtigen
Grün, die nicht einmal durch Feuer zerstört wer-
den. Ausserdem aber waren die Farben noch teil-
 
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