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Münchner kunsttechnische Blätter — 4.1907/​1908

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Nr. 18
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Linde, Hermann: Ueber das Restaurieren alter Gemälde, [4]
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Berger, Ernst: Ist Fresko oder Stuccolustro die Technik der römischen-pompejanischen Wandmalerei?
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https://doi.org/10.11588/diglit.36594#0074

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70

Münchner kunsttechnische Blätter.

Nr. iS.

sich die Unterschiede durch Druckklisches nicht
deutlich genug zur Anschauung bringen, um das
Gesagte auch noch durch den Augenschein zu
beweisen, wie es ursprüngtich meine Absicht war.
Es sei hier ferner mitgeteiit, dass im Herbst
IQO/ wieder eine grosse Anzahi Biider derKasseier
Gaierie restauriert resp. iackiert wurde, nachdem
erst Ende der achtziger Jahre die Gaierie einer
durchgehenden Restauration unterzogen gewesen
war, wobei auch das in früheren Artikeln erwähnte
Rembrandtsche Gemäide „Jacobs Segen" vieie
Feinheiten und seine tiefen satten Farben ein-
büsste. (Schiuss foigt.)
Ist Fresko oder Stuccolustro die
Technik der römisch-pompejanischen
Wandmalerei?
Von E. Berger.
Die Leser dieser Blätter werden sich er-
innern, dass ich aus Anlass des Streites über die
Technik der römisch-pompejanischen Wandmalerei
vor drei Jahren an dieser Stelle die „öffentliche
Aufforderung an die Anhänger der Donnerschen
Freskotheorie" richtete, durch ausgeführte
Proben die Richtigkeit ihrer Ansicht gegenüber
der meinigen tatsächlich zu erweisen (s. I. Jahrg.,
Nr. 21 v. IO. Juli 1905). Ihr Widerspruch betraf
hauptsächlich die drei in meiner „Maltechnik des
Altertums" ausgesprochenen und begründeten Be-
hauptungen:
1. dass es unmöglich sei, durch reine Fresko-
technik den Glanz und die spiegelnde
Glätte zu erzielen, die Vitruv in dem hier
einzig in Betracht kommenden Kapitel (B. VII,
Kap. 3) als wünschenswerten Schlusseffekt
fordere und die auf guterhaltenen Wand-
malereien in Pompeji und Rom sich auch
heute noch zeigen;
2. dass in diesem Kapitel nur eine Anweisung
zur Bereitung gefärbter und geglätteter
Stuckwände, worauf dann erst Ornamente
und Figuren gemalt werden sollten, nicht
aber eine deutliche Beschreibung der
Freskotechnik enthalten sei;
3. dass diese Art der Stuckbereitung grosse
Aehnlichkeit mit der italienischen Stucco-
lustrotechnik habe, die gleicherweise
durch Glättungsoperationen Glanz er-
ziele, so dass der Schluss auf eine enge
Verwandtschaft der beiden Techniken nahe
liege.
Trotz A. W. Keims Kundgebung in Nr. 6,
II. Jahrg. d. Bl., ist der Streit bisher in der Schwebe
geblieben. Es gereicht mir daher zu besonderer
Genugtuung, dass Herr Prof. Dr. A. Eibner in
einem kürzlich erschienenen Aufsatz über „die
Freskotechnik" (in der „Südd. Malerzeitung",
VII. Jahrg., Nr. 4 v. 26. Jan. 1908) in mehr als

einem der bestrittenen Punkte auf meine Seite
tritt, und die Genugtuung ist um so grösser, als
nach dem Verlaufe der früheren Polemik*) eine
so baldige Anerkennung kaum zu gewärtigen war.
Bei der hervorragenden Bedeutung, die dem Ur-
teil des Leiters der „Versuchsanstalt und Aus-
kunftsstelle für Maltechnik an der Kgl. Techn.
Hochschule zu München" zukommt, erlaube ich
mir, auf das in meinem Falle Wichtigste in seinen
Ausführungen hier aufmerksam zu machen und,
wo es nötig ist, einige Bemerkungen anzuschliessen.
Zu Punkt 1. Die zuerst vom Architekten
Wiegmann im Jahre 1836 aufgestellte und vom
Maler Prof. O. Donner mit einigen Modifikationen
im Jahre 1869 angenommene Ansicht („Wandmal.",
S. 123) bezeichnet den Glanz und die Glätte der
Oberfläche, wie Vitruv sie beschreibt, als eine Folge
des durch die Stärke der Bewurfsschichten natur-
gemäss sich bildenden Häutchens von kohlen-
saurem Kalk, wodurch nach Wiegmann ein „glän-
zender, glasähnlicher Firnis" oder „firnisartiger
Kristallisations-Ueberzug" entstehe („Malerei der
Alten", S. 44 u. 175). Neuerlich nimmt Donner
an, dass die Wandmalereien in Pompeji fast
durchweg nicht in der von Vitruv zur Be-
dingung des Gelingens gemachten sorgfältigen
Weise ausgeführt worden seien („Techn. Mitt. f.
Mal.", XX, S. 243), mithin überhaupt niemals
glänzend glatt gewesen sind. Der „heute noch
in besseren Ausführungen des Tektoriums in Pom-
peji sichtbare schöne, mässige Glanz — richtiger
.Schimmer' — beruhe nur auf dem Schimmer der
glänzenden Marmorpartikelchen, welche den Farben-
überzug der letzten Marmormörtelschicht durch-
leuchten" (a. a. O., XX, S. 54).
In völligem Gegensatz dazu sagt Herr Prof.
Eibner bei der Erwähnung meiner Ansicht (S. 40):
„Dieser Künstler (d. h. der Verfasser) sieht
u. a. im Gegensatz zu Wiegmann in dem spie-
gelnden Glanze, den viele pompejanische Wände
zeigen, mit Recht nicht die Wirkung der sich
beim Trocknen der Gemälde bildenden ober-
flächlichen Schicht von kristallisiertem kohlen-
sauren Kalk, welche höchstens einen matten
Glanz (Glitzern) verursacht haben würde, son-
dern jene einer künstlich vorgenommenen
Glättung, die tatsächlich das augen-
fälligste Merkmal des antiken Stuckgrundes
bildet, aber auch von Donner nicht ge-
nügend berücksichtigt wurde. B. zieht also
den Schluss, dass der bei Vitruv erwähnte und
tatsächlich vorhandene spiegelnde Glanz
der pompejanischen Tektorien mittels eines der
modernen Stuccolustrotechnik ähnlichen Ver-
fahrens, d. h. unter Anwendung eines orga-
nischen Bindemittels, wie Seifenlösung usw. und
nachheriges Glätten (Polieren) erzielt sei."
*) Vergl. diese Blätter, II. Jahrg., Nr. 2, 3, 4, 6
u. 13 und „Techn. Mitt. f. Mal.", Jahrg. X—XXII.
 
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