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Kunstwart und Kulturwart — 33,3.1920

DOI Heft:
Heft 20 (Augustheft 1920)
DOI Artikel:
Bonus, Arthur: Konservativismus und Sozialismus: zwei konservative Stimmen, [1]
DOI Artikel:
Haering, Theodor Lorenz: Hegel: zu seinem 150. Geburtstage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14991#0416

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auch richtig ist —, daß wir kein Geschick zur Revolution in uns haben,.
dafür vielleicht etwas Wertvolleres. Man suche dann lieber das Walten
dieses Wertvolleren und suche der Solidität und Bedachtsamkeit etwas
abzugewinnen, mit welcher die Revolution gerade noch abgefangen wurde —
salls sie als endgültig abgefangen zu gelten hat. Daß der im letzten
Grund antisoziale Liberalismus dabei siegen mußte, ist verständlich, wenn
man sich klar macht, daß bei dem geschilderten antidemokratischen und
antisozialen Gehaben unsres Konservativismus der Sozialismus eine andere
Verbündungsmöglichkeit gar nicht hatte.

Hier also glaube ich, daß Spengler den ruhigen Blick verloren hat.

Wer freilich wie er sich mit dem Untergang der Kultur resigniert hat,
der mag auch in der Mechanisierung des Lebens etwas Notwendiges
sehen, dagegen keine Empörung hilft oder Sinn hat. Es handelt sich
um vernünftiges, gesetzmäßiges Sterben. Wie jener Arzt — kommt er
nicht bei Moliere vor? — sagte: Wenn der Kranke auch durch unsre
Mittel sterben sollte, so ist er dann doch wissenschaftlich richtig gestorben.
Ob nun aber nach Spenglers eigner Charakterisierung diese Weltanschauung
vom notwendigen und zwecklosen Antergang der Kulturen irgend etwas
andres ist, als reinste Engländerei? Dieweil er doch als bezeichnend
sür das Engländertum ansieht, daß es im Gegensatz zum deutschen Idealis-
mus nur Weltanschauungen hervorgebracht hat, welche die innere Unab-
hängigkeit des Menschen ausschieden? Was ist nun diese Weltanschauung
vom Nntergang der Kulturen andres? Ist, wie es denn sicher der Fall
ist, der Idealismus das unterscheidende Kennzeichen deutscher Welt-
anschauung, so erweisen sich, scheint mir, diejenigen Deutschen deutscher als
dieser Gesetzgeber des Deutschen, welche einer solchen Entwicklung ins
Seelenlose lieber jede Gewalt entgegenzusetzen entschlossen sind, als ihr
zu weichen. Sie begeben sich damit freilich in die Gefahr, auf der einen
Seite ins Englisch-Liberale, auf der andern ins Russisch-Nihilistische zu
entgleiten. Bonus

Hegel

Zu seinem 15V. Geburtstage

^W^aß Hegel nicht nur ein großer Philosoph, sondern auch ein Schwabe
v^^war, ein Schwabe durch und durch, merkt gerade derjenige be°
sonders und zu seinem Leidwesen, der ihn mit ein paar Worten
abkonterfeien soll. Denn schon die äußere Form, in der er sich gibt, ist so
rauh und „widerporstig", daß sie zwar für den, der den ganzen Mann
von innen heraus schon kennt, die einzig richtige und gar nicht anders
denkbar scheint; für jeden aber, der einen Menschen mit zwei Blicken kennen
lernen will oder ihn sonst stehen läßt, ist sie ungeschlacht, abgeschmackt und
rein unverständlich. Ganz zu schweigen noch von dem wiederum echt
schwäbisch-eigensinnigen Inhalt, den diese rauhe Form in sich birgt und
der heute noch vielen, vor allem freilich eben denen, die ihn nicht versteheni,
der Gipfel der Torheit ist.

Einen solchen Mann mit kurzen Worten charakterisieren wollen, ist
eigentlich unmöglich, und Proben aus seinen Werken werden für den„
der ihu nicht schon ein wenig kennt, immer nur Orakel bleiben. Ich bin
mir daher der grundsätzlichen Unvollkommenheit und Unvollständigkeit
meines Beginnens klar bewußt, wenn ich im folgenden, der Not ge-

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