Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 43.1932

DOI Artikel:
Eulenberg, Herbert: Der Umgang mit Architekten, [1]: zwei Briefe
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10798#0232

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
220

INNEN-DEKO RATION

ARCHITEKT RUDOLF LORENZ-WIEN

SITZ-ECKE IN EINEM DAMENZIMMER

DER UMGANG MIT ARCHITEKTEN

ZWEI BRIEFE; BERICHTET VON HERBERT EULENBERG

EIN BRIEF: »Entsinnen Sie sich noch, wie wir
uns miteinander über die Rolle und „Aufgabe
des Architekten« in Goethes »Wahlverwandt-
schaften« unterhielten? Er spielt in diesem Roman
eine ähnliche Rolle wie der »Mittler«. Nur daß
er nicht so in den Vordergrund tritt. Aber schon
durch seine Kunst, uns dies Leben äußerlich zu
verschönen, ist ja ein Architekt zum Mittler be-
rufen. Und wenn ich Ihnen eine ganz große Hul-
digung darbringen darf, so ist es dies Kompliment;
daß Ihr Architekten gradezu die Vermittler seid
zwischen unserem Leben auf der Erde und jenem
Dasein in himmlischen Räumen, wie es sich die
verschiedenen Zeiten und Völker als einen mög-
lichst herrlichen und sorgenlosen Zustand ausge-
dacht haben. Denn ein Architekt soll uns ja den
Aufenthalt auf dieser Erdkugel, die »Strafzeit, die
wir hier unten abzubrummen haben«, nach Mög-
lichkeit verschönern, erleichtern — oder doch er-
träglich machen.. Und ich fand es, im Gegensatz
zu meinem Gatten, gar keine Überheblichkeit von
Ihnen, als Sie einmal bei Tisch bei uns erklärten,
Sie trügen als Architekt den »Schlüssel zur
Glückseligkeit für ihre Auftraggeber in der

Tasche«. Aber Sie wissen ja auch selber so gut
wie ich oder noch etwas besser als ich, daß uns
die Grenzen unserer irdischen Glücksmöglichkei-
ten enge gezogen sind. Enger jedenfalls, — be-
sonders in unserer Zeit — als es den meisten Mit-
gliedern Ihres hohen Berufes wünschenswert ist.

Auch wir haben uns nach der Decke strecken
und haben, wie es im Kaufmannsdeustch so hübsch
»umwickelt« lautet, den Verhältnissen Rechnung
tragen müssen. Als wir Ihnen unseren Neubau
übertrugen, da wußten wir noch nicht, daß wir
uns im Verlauf seiner Ausführung eher gegen frü-
her mehr »krumm legen« müßten als noch »erwei-
tern« könnten. Und als Sie den Plan zu diesem
Neubau aufrissen, da sagten Sie sich noch nicht:
»Du darfst in keinem Fall deinen Voranschlag, den
du nun aufstellst, überschreiten«. Bei keiner an-
dern Beschäftigung — haben Sie mir selber ein-
mal gestanden — kommt einem der Hunger, über
dem Versuch, ihn zu stillen, leichter und schnel-
ler als beim Bauen. Und ein Architekt ist — auch
diese Bezeichnung stammt von Ihnen — so etwas
wie ein »Versucher«, der mit seinen Plänen und
über ihrer Verwirklichung das Ausdehnungs-Be-
 
Annotationen