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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,1.1925-1926

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Heft 1 (Oktoberheft 1925)
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Lose Blätter
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Bartsch, Rudolf Hans: Das Glück des deutschen Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7999#0050

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Kadmos

Und überschifft ich auch den schroarzen Acheron,

Trüg ich di'es wei'ter als das Leben fort,

Es wäre der Totenort für nn'ch kein guter Ort!

Agave

(den Kadmos umarmend)

Und trag ichs weiter, Vater, ohne di'ch?

Kadmos

Du schwarzer Schwan umarmst mich greisen Schwan,

Der so dahinschwankt! Selber bi'n ,'ch schwach.

Ugave

Stößt du mich, Vaker, fort, wie uns die Heimat ausstößt?

Kadmos

Lebwohl! — ach, dir wird nimmer wohl.

(Er geht fort)

Agave

Leb wohl, mein Vater! Meiner Väter Dach!
Erde der Kinder, leb wohl! —

O daß ich fände
An aller Welt Ende
DaS allerfremdeste Land,

Wo nn'ch der blutige Kithäron nlcht schaut —
Jch nicht den Kithäron, der ewi'g graut!
Keinen Thyrsos schwinge ich je!

Möge der Gott begnaden
Andere Mänaden!

Das Glück des deutschen Menschen

s i'st Abend geworden i'n unserm Abendlande und di'e Sonne geht in 2lmerika
l o aus- Selbstverdient grauer, lohnloser Abend. Todmüde, unzufrieden. „Ein Tag
verloren." Ein Tag eines Dolkes; und der dauert sechzig Jahre.

Und dann kommt, mit Derlaines Neim darauf, die kummervolle, bettzcrwälzende
Nacht: „Was hab ich, um Gotteswi'Ilen, aus meinem Leben geinacht?"

Jhr alle: Jst es nicht eine trostverlassene Zeit? i

Und daß jeder sie, politisch, zu heilen versucht, statt an sich selber, ist das nichk noch
trosiverlassener? Der Andere soll anderS werden; das ist deine letztc
Weisheit, o Bruder im Abendland.

Und Du . . .

Jch getraue mich nicht, diesem Satzt ein Fragezeichen zu gebcn. Denn fast scheint es,
als ob er m'e mehr einer Antwort benötigte, als ob, bloß zur Weisheit künftiger Ge-
schlechter, dieser Schlußpunkt genügte: „Und Du."

Faszist — oder Terrorist der Kommune: Abermals das Bild der „Blauen und Grü-
nen", die aus dem Zirkus herauS ganz Byzanz, einander niordend, durchlaufen, bis
endlich (dringend nötig und blutig lachend) der Türke kommt.

Die oströmische Welt von i-^AZ, dasselbe ist heute Asiens tollgewordener Westzipfel
geworden, den man Curopa schimpft. Und ich sehe gesundgebliebene weiße Zähne
auS nachdenklich klugem, gelbem Antlih grinsen: „Reif; überreif.. . ."

Überreif zum verdienten Unglück ist, wer nicht mehr glücklich sein mag.
 
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