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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 17.1905-1906

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Belgische Tafelkunst
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CRISTALLERIES VAL ST. LAMBERT

BELGISCHE TAFEL-
KUNST

Die Varianten des französi-
schen Kunstschaffens im Wal-
lonenlande ergeben unter ande-
ren besonders in Goldschmiede-
und verwandten Arbeiten Be-
achtenswertes. FürTafelschmuck
ist nicht bald irgendwo so gut
gesorgt wie dort. Namentlich
die Kunst, derartiges aus ge-
mischtem Materiale herzustellen
(die man »Polyglyptik« nennen
könnte), verdient besondere Be-
achtung. Auf der vorjährigen
Weltausstellung in Lüttich ge-
hörten Proben davon zu den
eigenartigsten Schätzen der Aus-
stellung. Wir sind nun in der
Lage, einerseits zwei Beispiele
aus dem Gebiete der Silber-
schmiedekunst, andererseits
mehrere Stücke aus der Hohl-
glaskunst im Bilde vorzuführen.
Die Brüsseler Firma (»en
Metal blanc Argente et en Ar-
gent massif«) Otto Wiskemann
war auf der Ausstellung durch
einen reichen silbernen Tafel-
aufsatz vertreten und hat für ihn
den ersten (»Grossen«) Preis
bekommen. Wie unsere Abbil-
dung zeigt, baut sich dieser
Tafelaufsatz in zwei Stockwer-
ken auf, über einem reichgerän-
derten Untersatz und um einen
baumartigen Stamm herum. Der
Stamm entsendet dreimal vier
blumenkelchartige Leuchtkörper

und endigt oben in einer schmalen kegelförmigen Vase. Von
Platte zu Platte führen pflanzliche Aste in Rokokoorna-

TAFELAUFSATZ VON OTTO WISKEMANN, BRÜSSEL

nientik hinauf, bis sie oben um
den Ansatz der Vase herum
endigen. Die Entwickelung der
Pflanzenformen aus den Unter-
lagen heraus, die sinnvolle Be-
handlung der Stammesknoten
als Ansätze für die Träger der
Leuchtkörper, der Eindruck von
solider Festigkeit bei vorsich-
tiger Zurückhaltung des Mate-
riales, die allmähliche Verjüng-
ung des Aufbaues nach oben,
und nicht zuletzt der Vorteil,
daß kein Gegenüber verdeckt
wird: dies alles macht dasGanze
zu einem Gebilde, das eigen-
artig ist, ohne einen »Stil« zu
forcieren.

Besonders beachtenswert war
auch ein großer Samowar aus
Silber von Fallon et fils in Na-
mur. Wie unsere Abbildung
zeigt, steht der Körper des
Werkes auf einem breiten schüs-
seiförmigen Untersatz. In der
Mitte dieses befindet sich noch
der freistehende Brennapparat,
neben ihm zwei Schalen. Über
dieser unteren Gruppe prangt
das Hauptstück: der Wasser-
kessel. Auf weit geschwunge-
nen Füßen erhebt sich, in freier
Verwendung vonRokokoformen,
der eigentliche Gefäßkörper.
Oberhalb seiner Basis ist er
schlank eingezogen, ladet so-
dann kräftig aus und verjüngt
sich schließlich nach oben eben-
sogut proportional, wie das
gesamte Werk überhaupt von
einem Gefühle für harmonische
Gestaltung zeugt. Die flächen-
hafte Darstellung läßt es leider an Formen beladener er-
scheinen, als es in Wirklichkeit ist.

CRISTALLERIES VAL ST. LAMBERT
 
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