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Zeitschrift für christliche Kunst — 18.1905

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Beissel, Stephan: Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1904, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4575#0107

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183

190f>. ■

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

184

Die kunsthistorische Ausstellung in Düsseldorf 1904.

VII.

Handschriften der Kölner Fraterherrn.

(Kat.-Nr. 590.)

(Mit 2 Abbildungen.)
] nfangs des XVI. Jahrh. ließ
der Kanonikus Eberauer
für den Kölner Dom zwei
reiche Chorbücher her-
stellen, die der Katalog
der Düsseldorfer Ausstel-
lung als Werke der Brüder des gemeinsamen
Lebens, der sog. Fraterherrn, im Kloster Wei-
denbach zu Köln erklärt (Nr. 585 f.). Im
Titelblatte des ersteren kniet David in einer
Landschaft auf dem Boden. Weiterhin sind
in einer Initiale (beim Commune Apostolorum)
unten die zwölf Apostel versammelt, indem
sie betend zum Heilande aufblicken, dessen
Brustbild oben in Wolken erscheint. Im Titel-
blatte des zweiten Buches thront in der Initiale
oben der Heiland zwischen Maria und Johannes
als Richter. Unten sieht man die aus den
Gräbern Erstehenden. Noch tiefer sind in
einem Streifen Grau in Grau die Verdammten
gemalt, die durch das Tor der Hölle einziehen
müssen. Der vergoldete Rand beider Titel-
blätter ist mit naturalistisch gebildeten Blättern,
Blumen und Tieren gefüllt. Der Körper ihrer
Initiale ist aus dünnen, blattlosen Ästen her-
gestellt. Auf Seite 202 umschließt ein aus
ähnlichem mageren Astwerke gebildeter An-
fangsbuchstabe eine schöne, auf Purpurgrund
in naturalistischer Art ausgeführte Blume.

In ikonographischer Hinsicht verdient eine vor-
treffliche Miniatur auf Blatt 229 des zweiten Buches
Beachtung. Sie ist mit Gold gehöht und in einem
C eingefügt, dessen Körper aus einer sehr reichen
Säule im Stile der belgischen Spätrenaissance gebildet
ist, sowie aus einem Wulste, um den drei kostbare,
mit Edelsteinen besetzte Ringe gelegt sind. Im
Inneren des Buchstaben sitzt eine Frau mit einem
vornehmen Geistlichen zu Tische. Die Mitia, welche
auf einem im Hintergrunde stehenden Schranke sich
zeigt, beweist, daß er ein Bischof ist. Sein Diener
eilt zu ihm hin und meldet den Apostel Andreas
an, welcher als Pilger vor der Türe steht. Die
Miniatur stellt die von Jakob de Voragine ') erzählte
Legende dar, wonach der Teufel in Gestalt einer
vornehmen Dame einen Bischof verführen wollte, der
hl. Andreas aber in Gestalt eines Pilgers kam und
den Bischof schützte.

Mit diesen beiden großen Chorbüchern wird
im Katalog der Ausstellung (Nr. 599) auch ein

]) »Legenda aurea« c. 2. Ausgabe von Graesse
(Lipsiae 1801) p. 19f.

im jähre 1531 entstandenes Graduale des Do-
mes den Fraterherrn des Klosters Weidenbach
zugeschrieben. Während aber diese Zuweisung
für die Bücher Eberauers sich durch keine In-
schrift beweisen läßt, findet sich hier in einer
Initiale das Wort: „Widenbach". Auch in
diesem Buche kniet im Anfangsbuchstaben des
Titelblattes David in einer Landschaft. In
den Rändern sind nicht nur naturalistische
Blumen, sondern auch David mit Goliath,
Faune und Venus dargestellt. Man zeichnete
in Deutschland wie in Italien Davids Bild gerne
in die Initiale des ersten Blattes ein, weil er
seit vielen Jahrhunderten in der Titelminiatur
der Psalterien seinen Platz gefunden hatte als
Verfasser der Psalmen, solche Chorbücher aber
nicht nur aus den Psalterien hervorwuchsen,
sondern auch viele, den Psalmen entlehnte
Texte enthalten.

Wertvoller als diese Chorbücher des Do-
mes sind die Gradualien in St. Kunibert zu
Köln. Eines derselben, ein »Graduale de tem-
pore« wurde auf der Ausstellung ausgelegt
unter Nr. 590. Aus ihm sind Abb. 1 und 2
entnommen.2) Es wurde 1530 vollendet. Die
1. Abb. zeigt wiederum den Verfasser der
Psalmen, in einer Landschaft, in deren Hinter-
grund dessen Burg sich erhebt. Die braunen,
mit Gold gehöhten Baumstämme, aus denen
der Körper des Buchstaben gebildet ist, sind
kräftiger als jene in den Büchern des Kanoni-
kus Eberauer, auch die Ausführung der Minia-
tur verdient mehr Lob, doch ist hier wie dort
dieselbe Art festgehalten, vielleicht stammen
sogar die Bücher des Domes wie jene von
St. Kunibert nicht nur aus derselben Schreib-
stube, sondern auch von demselben Kano-
nikus des Klosters Weidenbach. Jedenfalls
zeigen sie eine andere Art als jene, in der wenig
später vier Bücher von Altenberg ausgeführt
wurden. Zwei derselben entstanden im Jahre
1544. Eines dieser letztern ist laut seiner In-
schrift ausgemalt und geschrieben von Fr. Hein-
rich Kürten in der genannten Cistercienserabtei.
Auch bei Herstellung der übrigen wird er mit-
gewirkt haben. Er huldigt vollständig dem
üppigen Stil der niederländischen Renaissance
und hat sich von der Gotik weit mehr entfernt

2) Die Photographien dieser Abb. sind durch die
Kunstanstalt von Kühlen aufgenommen worden.
 
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