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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 15.1902

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Ueber den Berliner Tiergarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.22227#0457

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200

MODERNE KUNST.

MODERNE KUNST.

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Hippodroms und die Verbin-
dung der verschiedenen An-
lagen durch neue Fahr-, Reit-
und Fusswege statt, während
auch einTcil der älteren Wege
verändert und verbessert
wurde. Der hochselige König
Friedrich Wilhelm IV. glaubte
mit diesen grossartig und echt
künstlerisch durchgeführten
Plänen dem Bedürfnisse der
Hauptstadt seines König-
reiches auf lange Zeit hinaus
genügt zu haben. Dennoch
haben die gewaltigen Ereig-
nisse der letzten
Jahrzehnte
unter

terung der Lenne- und Tier-
gartenstrasse, die künstlerisch
ausgeführte Ausschmückung
des Königsplatzes und die
Ausgestaltung des Platzes am
Brandenburger Thor legen
hierfür beredtes Zeugnis ab.

Alle Altersklassen suchen
in dieser reizvollenLandschaft
Erholung und Sammlung zu
freudigem Schaffen, Kranke
und Leidende benutzen den-
selben zur Unterstützung ihres
Kurgebrauches, Offiziere und
viele Sportsfreunde zu ihren
Spazierritten, die
Kinder zu
fröh-

Der Berliner Tiergarten: Ara Forsthaus.

des General-
stabsgebäudes und eine
Reihe der stattlichsten und
vornehmsten Wohngebäude befinden.

Somit liegt der Königliche Tier-
garten nicht mehr, wie noch vor wenigen
Jahrzehnten, vor den Thoren Berlins,
sondern fast inmitten der Hauptstadt,
ein Umstand, welcher ihn zwingt, einen
grossen Teil des Verkehrs der vor-
gedachten Strassenzüge und Stadtteile
aufzunehmen und Tausenden von Fuhr-
werken aller Art und Zehntausenden
von Fussgängern seine Wege zu allen
Jahreszeiten nutzbar zu machen.

Es ist bereits bei Gelegenheit der
Errichtung der Siegessäule der Grund-
ton für die anzustrebende Anpassung
des Tiergartens an die Verhältnisse der
Reichshauptstadt in weiser Voraussicht
getroffen worden. Die Neuanlage der
Sieges- und Friedens-Allee, die Verbrei-

Der Berliner Tiergarten:
Die Löwenbrücke.

verbreitert
und die hindernden
Bäume beseitigt worden. Was
die Fusswege betrifft, so haben auch
sie eine eingehende Beachtung gefunden.
Hier mussten zunächst diejenigen ins
Auge gefasst werden, welche als Ver-
kehrs- und Verbindungswege auf das
lebhafteste in Anspruch genommen
werden. Da sie zum Teil nur un-
genügend befestigt waren und bei
ungünstiger Witterung ihre Aufgabe
nur unvollkommen erfüllten, sind sie
mit Mosaikpflaster versehen worden.
Ferner sind die auf den Fusswegen
stehenden zahlreichen Bäume, welche
den Verkehr nur hemmten, zum grössten
Teile, soweit es sich nicht um beson-
ders schöne Exemplare handelte, ent-
fernt worden.

Im Gegensatz zu allen bekannteren
grösseren öffentlichen Parkanlagen

Der Berliner Tiergarten: Am Kanalufer.

der glorreichen Regierung des hochseligcn Kaisers Wilhelm des Grossen und die damit im engsten
Zusammenhänge stehende, fast beispiellose Vergrösserung der Reichshauptstadt deutlich
genug erkennen lassen, dass die bei der vorgedachten Veränderung und Umgestaltung des
Tiergartens gemachten Voraussetzungen längst nicht mehr zutreffen.

Die Einwohnerzahl Berlins ist auf beinahe zwei Millionen gestiegen. Die Strassenzüge
haben namentlich im Südwesten eine ungeahnte Ausdehnung genommen und legen sich ohne
Unterbrechung an die südliche Seite des Tiergartens.

Charlottcnburg ist auf eine Einwohnerzahl von fast 200000 gewachsen und die Strassen
desselben umziehen die westliche Seite des Tiergartens; auf der ehemaligen Schöneberger
Wiese ist ein ganzer Stadtteil entstanden, welcher seine Idäuscr bis dicht an den Tiergarten
vorschiebt, während sich östlich und nordöstlich die Monumentalbauten des Reichstagsgebäudes,

Der Berliner Tiergarten: An der Rousseau-Insel und Reiterbrücke.

liehen Spielen und belehrenden Spaziergängen. Berücksichtigt man endlich die Equipagen
und Mietswagen, welche an schönen Tagen zu tausenden den Tiergarten durchfahren, so
erhält man ein ungefähres Bild von den Anforderungen, welchen der Tiergarten gerecht
werden soll und welchen er gerecht zu werden vermag, nachdem eine Ausgestaltung des
Vorhandenen stattgefunden hat. — Die Verbreiterung, Befestigung und Freilegung eines Teils
der bereits vorhandenen Fahr-, Fuss- und Reitwege war im Interesse des wachsenden Verkehrs
eine dringende Notwendigkeit. Während die den Tiergarten von Ost nach West durch-
schneidende Charlottenburger Chaussee, welche dem Hauptverkehr zwischen Berlin und
Charlottenburg zu dienen bestimmt ist, in vornehmer Breite von vornherein angelegt, auch
jetzt noch dem lebhaften Wagenverkehr vollkommen entspricht, konnte man dies von ver-
schiedenen Fahrwegen im Tiergarten nicht behaupten. Es sind dieselben deshalb teilweis

Der Berliner Tiergarten: Denkmal Friedrich Wilhelm IV. in der Siegesallee.
 
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