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Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 9.1895

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Gollmer, Richard: Bad Homburg
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Schumacher, Heinrich Vollrat: Das Hungerloos, [8]: humoristischer Roman
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https://doi.org/10.11588/diglit.19627#0207

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n6

MODERNE KUNST.

liehe Ortschaften und zerbröckelnde Ruinen auf den Hügeln. Zunächst
die Stadt zu unsern Füssen. Wieder fällt uns der imposante Thurm der
katholischen Kirche ins Auge, Libanon-Cedern grüssen aus dem Schloss-
garten herauf, und aus den grünen Massen tauchen weiterhin die Hotels
und Logirhäuser.

Und weiter schweift, der Blick in die Ferne und das Auge trinkt
sich satt an der Schönheit ringsum.

Am schönsten und genussreichsten sind die Wanderungen, wenn man
sie auf Schusters Rappen unternimmt. Aber Homburg weiss auch Rath
für Diejenigen, welche aus diesem oder jenem Grunde eine andere, be-
quemere Beförderungsart vorziehen. Omnibuslinien, die sich bald zu
Trambahnen umwandeln sollen, führen vom Fuss des Taunus zum land-
gräflichen Jagdschloss, von wo der Obelisk und die Forellenzuchtanstalt
leicht zu erreichen sind.

Eine hervorragende Specialität Homburg's sind die Ausflüge mit den
Mail-coaches. Das sieht pomphaft und phantastisch genug aus, wenn sich
die grossen Gefährte in Bewegung setzen und die langgezogenen, durch-
dringenden Töne der Signalhörner freie Bahn schaffen.

Da ist zunächst die Eilerhöhe, kaum '/4 Stunde von den Quellen ent-
fernt. Vom Belvedere des Hügels hat man eine hübsche Fernsicht, an
klaren Tagen bis Frankfurt. Von den Anlagen mit wenigen Schritten zu
erreichen ist der Hardtwald oder „die Hardt", wie man ihn kurz nennt.
Mächtige alte Bäume beschatten zahlreiche Rasenbänke und Ruhepavillons.
Fahr- und Fusswege durchziehen den Wald nach allen Richtungen und
oft trifft man auf Hünengräber, die meistens schon geöffnet sind.

Auf der anderen Seite der Hardt liegen Seulberg, und Friedrichsdorf,
der Zwiebacksort.

Nördlich von Homburg hinter Kirdorf, erheben sich der Rabenstein
und der Höllenstein, zwei Felsen, in deren Nähe man viele Römerfunde
machte. Am Fuss des Taunus, „der Höhe", wie der Gebirgszug meistens
heisst, liegt, eine halbe Stunde von Homburg, das Oertchen Dornholz-
hausen, bemerkenswerth durch den Schiessplatz der zwei Homburger
Schützengilden, der auch den Fremden, wenn sie sich durch Mitglieder
der Gilden einführen lassen, zugänglich ist. Uebrigens soll in der Hardt
demnächst ein Platz für das Schiessen nach Thontauben geschaffen werden.

Eine lange und breite Avenue, die Tannenwald-Allee, führt vom
Schlossgarten am Englischen Garten, einem prächtigen Park, der dem
Publikum zu gewissen Zeiten offen steht, vorüber in zwei Stunden auf
die Plöhe des Bergzuges.

Unweit befindet sich der Kleine Tannenwald, mit Spielplätzen für die
Kleinen, Ruderbooten auf dem Weiher und schattigen Ruhebänken.

Von den Ausflugspunkten der weiteren Umgebung Homburgs wäre
zunächst der Grosse Tannenwald zu nennen, bemerkenswerth wegen
seiner wirklich schönen Bäume. Fast wie in einem Dom geht man, wenn
man die Elisabethenschneise entlang schreitet. Rechts von der Strasse
befindet sich das Gothische Haus, 1820 vom Landgrafen Friedrich Joseph

als Jagdschloss erbaut, aber im Innern unvollendet geblieben. Ein merk-
würdiges Monument birgt der Wald: den Stein, den Landgraf Friedrich
Ludwig seinem Lieblingspferde hat setzen lassen.

An der Elisabethenschneise liegt auch der Forstgarten und der Wild-
park. Der letztere, bevölkert mit zahmen Hirschen und Rehen, ist der
Schauplatz der Waldfeste, die die Homburger Verwaltung mitunter
arrangirt.

Nicht weit vom Wildpark befindet sich die Luther-Eiche und die
Bluteiche, neben welcher der Leopoldstein, eine steinerne Urne, auf
niedrigem Piedestal steht.

Aber noch immer ist die Fülle des Anziehenden, das uns Homburgs
Umgegend bietet, nicht erschöpft. Da ist noch, 1^2 Stunde entfernt, die
Goldgrube, eine verlassene Mine, die man Curtius Rufus zuschrieb. Nach
neueren Forschungen ist der Stollen aber erst 200—300 Jahre alt und
wurde wahrscheinlich als nicht genug lohnend aufgegeben. Da ist ferner
das Urselthal mit der alten Stadt Oberursel. Im Ursel- und Haidtränks-
thal befinden sich mehrere Quellen von untergeordneter Bedeutung.

Der bemerkenswertheste Punkt der Umgegend ist jedenfalls die Saal-
burg, die bereits eingangs Erwähnung fand. Drusus' Sohn soll sie
10 v. Chr. super vestigia paterni praesidii in monte Tauno gebaut haben
und Germanicus soll sie im Jahre 15 n. Chr., nachdem sie inzwischen
zerstört war, wieder aufgebaut haben. Die Saalburg ist von grossem Inter-
esse, da sie das am besten erhaltene Beispiel römischer Befestigungen ist.
Eine genauere Beschreibung würde uns zu weit führen, ausserordent-
lich reich waren die gemachten Funde, die im Saalburg-Museum im Kur-
hause ausgestellt sind. Geräthe, wie sie der Krieg und das tägliche Leben
forderten, zum Theil den unseren ähnlich, erzählen mit beredter Sprache
von dem Leben und Treiben jenes mächtigen Volkes, dessen Cultur vor
2000 Jahren schon auf dem Gipfel angekommen war.

Zu Bergparthien reizen der Feldberg und der Altkönig. Der Feld-
berg ist der höchste Gipfel des Taunus und des ganzen Südwest-Deutsch-
lands überhaupt.

Eine Bahnfahrt von einer Stunde führt uns nach Cronberg, dem
einstigen Sitz jenes alten Geschlechtes, das mit Hutten, Sickingen und
Götz v. Berlichingen zuerst den deutschen Einheitsgedanken gefasst und
mit dem Schwert in der Hand durchzuführen versucht hat.

Sehenswerth ist das Schloss der Kaiserin Friedrich, Friedrichshot,
das in Abwesenheit Ihrer Majestät dem Publikum gezeigt wird.

Am Fusse des Cronberger Hügels liegt die Ortschaft Cronthal mit
fünf Mineralquellen.

Zu besuchen wäre dann noch Falkenstein, Königstein, das Lorsbach-
und das Weilthal.

Erschöpft ist damit die Liste freilich noch nicht — aber vorläufig
haben wir genug auf dem Ausflugsprogramm! Und nun das Ränzel ge-
schnürt und nach dem schönen Homburg gepilgert, dass Körper und
Geist sich stärke, sich ausruhe und gesunde in seinen gesegneten Fluren!

s^^p^^- |jtas |j|ungerloos.

Humoristischer Roman von Heinrich Vollrat Schumacher.

[Fortsetzung.] "** [Nachdruck verboten.]

Siebentes Capitel. hörte, dass es Winand nur kümmerlich ging? Die verspottete Natur-
rotz aller Bitten Frau Amalien's war Fritz von Rocholl nicht im Wissenschaft wird ihm auf die Beine helfen und der durchgebrannte
Rochollshof geblieben. Taugenichts Fritz von Rocholl wird ihm die Hand dazu bieten. Auch eine
„Winand soll es überhaupt noch nicht wissen, dass ich zurück- Art von Satisfaction, wie?"
gekommen bin!" hatte er beim Scheiden gesagt. „Nicht, dass ich mich Er hatte ihr lächelnd in die verwirrten Augen gesehen, in denen leise
zu scheuen hätte, so, wie ich bin, vor ihn zutreten. Es ist mir persönlich etwas, wie eine schüchterne Hoffnung auf die Zukunlt, aufgetaucht war.
in letzter Zeit sehr gut gegangen. Ich darf mich sogar einen wohlhabenden „Oh, ich habe es ja immer gewusst, Fritz, dass Du ein guter Junge
Mann nennen. Aber ich will Rache an Winand nehmen. Eine Rache warst!"

nach meiner Art. Du weisst, wie er mich damals behandelt hat, wie er Es war das Einzige gewesen, was Frau Amalie zu erwidern vermocht

sich über meine Leidenschaft für die Naturwissenschaften lustig gemacht hatte. So sehr hatte das viele Neue, Ueberraschende des Tages sie

hat. Sein Benehmen gegen mich war nicht zum wenigsten der Grund, überwältigt.

der mich zur Flucht trieb. Verstehst Du meine Rache nun? Begreifst „Und nun — ich muss gehen", hatte Fritz dann geschlossen. „Mein

Du, warum mich — verzeih! — eine gewisse Freude beschlich, als ich Wagen wartet unten am See. Ich möchte Winand unterwegs nicht be-
 
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