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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 45.1931-1932

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Heft 9 (Juniheft 1932)
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Strieder, Jakob: Geld als Macht
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Einstein, Alfred: Situation der Oper
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https://doi.org/10.11588/diglit.8819#0623

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bedeutethat. Oder man denke an Hans Holbein den Iüngeren, dem die hansi-
schen KaufleuLe in London nichL nur Aufträge für die Ausmalung ihres berühm-
Len Gildehauses, des sogenannten Stahlhofs gaben, sondern den sie auch mit
PorträtaufLrägen in großter Anzahl bedachten. Es wäre für diejenigen, die
gleichzeitig in der Wirtschafts- und in der KunstgeschichLe des 16. Iahrhnn-
derts einigermaßen Bescheid wissen, leicht, viele Dntzende von Beispielen der
großartigsten Förderung deutscher Kunst des 16. Iahrhnnderts durch die Geld-
macht der KaufleuLe anznführen. llnd dennoch wäre damit kein Beweis geliefert
für die entscheidende Stellung, die Geldbesitz in dem Kunstschasfen eines Volkes
spielk. Als DeuLschland und Ldsterreich im 17. und 18. IahrhunderL geld-
arme Länderwaren, hat der nnbezwingbare Kunstwille des damaligen geistlichen
und weltlichen Fürstentums großen Architekten BauLen in Auftrag gegeben von
einer Größe und PrachL, daß man meinen könnte, ihr Geldbesitz müsse ganz ge-
waltig gewesen sein. Tatsächlich waren es aber im wesentlichen geschickte Finanz-
gebarungen mit ÜberLragung der Baulasten und Bauschulden auf mehrere kom-
mende GeneraLionen, die viele der großarLigsten Barockbauten ermöglichten.
Wie getrennL die Linien des Aufstiegs von künstlerischer und materieller Kul-
tur eines Volkes verlaufen können, wird am besten an der deutschen Geschichte
des 18. und beginnenden 19. IahrhnnderLs gezeigt. Der großen kulturellen
MachL, die Österreich im ZeiLalter MozarLs und Beethovens, die Reichs-
deutschland zur Schiller- und GoethezeiL darstellte, dieser kulturellen
MachL steht kein wirtschaftlicher HöhepunkL der damaligen deutschen
GeschichLe znr Seite. Osterreich und Deutschland waren in der zweiten
HälfLe des 18. und Ln der ersten HälfLe des 19. Iahrhunderts kapitalarme
Länder. An der gewaltigen Reichtumbildnng der Europäer, die im 17. und 18.
IahrhunderL vorwiegend aus dem kolonialen Handel, in Amsterdain auch aus
dem großen Finanzgeschäft entstand, an dieser Reichtumbildung waren die
DeuLschen im Gegensatz zu den Engländern und Holländern nicht beteiligt
gewesen. So kam es, daß um das Ende des 18. IahrhunderLs die Geldmacht
in Dentschland wenig bedeutete. Die Einkommen der meisten Deutschen hielten
sich in sehr bescheidenen Grenzen. Wir staunLen vor dem Kriege, wo wir
reich und verwöhnt waren, und wir staunen heute, wo wir zwar als Volk nicht
mehr reich, aber immer noch verwöhnL sind, über die einfache Lebenshaltung
der DeuLschen am Ende des 18. IahrhunderLs. Eine Einfachheit und Bedürf-
nislosigkeit zeichnet diese Generationen aus, von der wir uns nur schwer einen
Begrijf machen können. Eine BedürfnislosigkeiL allerdings nur in materiellen
Dingen. Im Geistigen war es anders. Da brachten jene GeneraLionen vor
und nach der Wende des 18. IahrhunderLs eine KulLur hervor, die sich in
ihrer MenschheiLsbedeuLung nur mit der Kultnr Griechenlands und etwa noch
miL der Kultur der italienischen Renaissance vergleichen läßt.

SiLuation ber Oper

Von Alfred Einstein

-^Xie beliebte Wendnng von der „Krise der Oper" ist im Titel dieser Be-
^<-^trachtung vermieden. Was hier versucht wird, ist: ein Bild von der
inneren Lage der deuLschen Oper der GegenwarL zu geben. Ob diese Lage
kritisch, krisenhaft ist oder nicht, muß sich aus der Betrachtung, wenn sie

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