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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 11 (1. Märzheft 1911)
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Avenarius, Ferdinand: Vom Leiden am Feuilleton
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Häfker, Hermann: Zur Hebung des Kinetographenwesens
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0367
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gattung der plaudernden Besprechung dessen, was der Tag bringt, wlrd
bletben — aber sie wird weiter zurücktreten. Täuschen die Beobachtungen
an unsern besten Feuilletons nicht, so sind eben sie, die besten, schon
bewußt oder unbewußt in den Anfängen dazu: Kunst und Wissen-
schaft hier auseinanderzulegen. Vielleicht wird das Ideal-Feuilleton
der Zukunft aus drei Gruppen gemischt oder klar in sie eingeteilt
sein: leichte Stimmungsplauderei zur Erholung, reine Wissenschast
zur Belehrung und reine Kunst zum ästhetischen Genuß. Ich meine,
daß es in der Nachbarschaft hier: ernsthafter Erörterungen und dort:
reiner Kunst, auch heiterer Kunst den „Beplauderern" mit der Zeit
noch unbehaglicher würde. Im übrigen wäre auf diese Weise wohl
den Schreibern wie den Lesern des Feuilletons so weit geholfen,
wie das die vorhin besprochenen besonderen Stilerfordernisse dieser
Gattung zulassen.

Die Frage ist um so viel wichtiger, als der erste Gedanke meint,
wie der Einfluß des Feuilletons größer ist, als den meisten bewußt
wird. Wie die Zeitung überm Strich am politischen Leben, so webt
ja die Zeitung unterm Strich an unserm gesellschaftlichen Leben mit
und darüber hinaus am privaten Leben von unermeßbar vielen.
Von denen allen, welche nicht als Einzelne zählen, sondern nur die
„Schichten" bilden, ob sie sich auch für Selbständige halten. Die Ab-
neigung gegen das Ernsthafte, das „fad", die billige Spottstimmung
gegen das Ilnterrichtende, das „schulmeisterlich", das Ablehnen des
Gründlichen und dadurch Soliden, das „philisterhaft" erscheint, drei
in ihrem sozialen Wert doch wirklich zweifelhafte Eigenschaften, sie
werden in unsrer Gesellschaft sehr wesentlich mit durchs Feuilleton
gezüchtet. Wie früher in der Gesellschaft, die sich für die bessere
hält, der Salon den „Ton" angab, so gibt heute das Feuilleton den
Ton an, sei's auf dem Wege übern Salon weg oder unmittelbar.
Alles nur berührend, betippend, mit allem spielend, und aus den
Bedingungen seiner Gattung heraus süchtig zu gefallen, kokett, kann
es selbst über das Gcdiegene nicht anders als mit dem Gegenteil von
Gediegenheit sprechen. Wieviel seichter unser Treiben dadurch ge-
worden ist, wer will's nachweisen, aber wer fühlt es nicht!

Künstlerische Beiträge aus dcm Geistesleben der Nation heraus
zu gestalten, ist eine andre Aufgabe, als über das Geistesleben der
Nation in künstlerischer Form zu geistreicheln. Wissenschaftliche Er-
gebnisse literarisch gut zu vermitteln, eine andre, als mit ein paar
Neuigkeiten aus der Wissenschaft journalistische Effekte zu machen.
Wenn wir Gebildeten die Zeitungen unterstützen, die auch unterm
Strich jetzt schon in der angedeutcten Richtung arbeiten, so dienen wir
damit der nationalen Kultur übcr das Zeitungswesen hinaus, da
es ja nicht nur ihr Spiegel, sondern auch eine ihrer Quellen ist. A

Zur Hebung des Kinetograpbenwesens

s gibt bereits einen „Kainpf gegen Schund-Kinematographie". An
E ^*vielen Orten nehmen ihn Vereine, die an der Reinigung der geistigen
Kost des Volkes arbeiten, auf. Ebenso Schulbehörden. Die Polizei-
behörden haben Vestimmungcn eingeführt, wonach die Bilder, besonders

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