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Kunstwart und Kulturwart — 33,1.1919-1920

DOI Heft:
Heft 6 (2. Dezemberheft 1919)
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Fuchs, Emil: Friede auf Erden!
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https://doi.org/10.11588/diglit.14436#0286

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Friede auf Erden!

^l^>illionen schien es, als sei die Erfüllung der uralten Sehnsucht in
^ / ßgreifbare Nähe gerückt, den einen war der Völkerbund die Lrfüllung,
^den andern die soziale Revolution. Und nun! Wird es immer so
bleiben, daß die Gier nach Lrtverb, Besitz, Macht und Herrschaft im 'Linzel-
uen, in den Völkern stärker ist als das Heiligtum der Gemeinschaft?

Wir sind ein armes, zerschlagenes, zerrissenes Volk geworden, sehr ähn-
lich dem kleinen jüdischen Völklein unter dem Zepter einer ungeheuren
glanzvollen Weltherrschaft. Man mag sich einmal das groteske Bild aus-
uralen: Was wäre wohl geschehen, wenn jenes ganz kleine Völklein der
8uden die Weihnachtsbotschaft des Gewaltigen gehört HLtte: „Frieden aus
Erden" ? Wenn dort im gewaltigen römischen Reich nicht einzelne nur, son-
bern ein ganzes Völkchen in der Welt des Geldes eine Welt brüderlichen
'Äliteinanderlebens und Füreinanderarbeitens geschaffen hätte? Dann wäre
bas Neue nicht nur ein Sauerteig geworden, der eine jahrtausendlange
Eärung nr der alten Welt schuf — dann wäre der neue Keim da gewesen,
aus dem ein ganz neuer Baum wachsen konnte. Und wir Deutschen von
heut? Wir sind das Volk Dürers, Luthers, Herders, Kants, Goethes, Fichtes
uud Hunderter von anderen Großen, wir sind das Volk der Volksschule und
ber Arbeiterversicherung, das Volk, in dem geistige Werte immer einen
antscheidenden Platz gehabt haben. Wir sind das, wir, dieses äußerlich
jetzt so ohnniächtige Völkchen von Untertanen im großen angelsächsischen
Weltreich. Sollte es nicht möglich sein, daß wir es sind, welche bald die
Stimme der Sehnsucht als ganzes Volk wirklich hören, die in allen
unsern Großen so tief und echt klang: „Frieden auf Erden!" ?

Sie wollen uns quälen und vertilgen. Reichen wir uns die Hand und
schaffen wir die Brüderlichkeit unter uns. Sobald wir die Qual mit
ünd für einander tragen, uns in gemeinfamem Geiste, gemeinsa-
urer Ordnung gegen das Verderben stemmend, sobald wird der Haß gegen
uns in uns wie ein Segen wirken. — Sie arbeiten am Weltreich der Macht

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