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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 3./​4.1921/​22

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1. Aprilheft
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Rohde, Alfred: Ein Instrument des Erasmus Habermehl für Wilhelm von Rosenberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.21786#0409

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In der Sammlung Figdor in Wien befindet sich ein
■■■ Kalendarium. das geeignet ist, neues Licht auf einen
der bekanntesten und besten Instrumentenmacher, der in
den meisten Sammlungen vertreten zu sein pflegt, Eras-
mus Habermehl, zu werfen. Das Kalendarium besteht
aus einer achteckigen Grundplatte, in die eine runde
Scheibe eingraviert ist. Die eine Seite, deren innere
Scheibe drehbar ist, dient zu Kalenderberechnungen,
während die Rückseite nur tabellarische Bedeutung hat.
An der Aufhängevorrichtung des Instruments befindet
sich beiderseits ein von zwei Bären gehaltenes Wappen,
das in der unteren Hälfte Schrägbalken, in der oberen
eine Rose aufweist. Es ist das Wappen der Rosenberge,
die sich von dem italienischen Fürstengeschlecht der
Orsini ableiteten, ohne eigentlich einen anderen Beweis
als den eines beiderseitigen Verwandtschaftswillens, auf-
gebaut auf manchen Vorteilen, die sich daraus ergaben,
dafür jemals erbracht zu haben. Wilhelm von Rosenberg
gelang es diese Verwandtschaft trotz Anfeindungen von
neuem und endgültig zur Anerkennung zu bringen und
vereinigte seit 1556 das Wappen der Rosenberge, eine
einfache Rose, mit den Bären und den Schrägbalken der
Orsini.* 2)

Daß das Instrument dem Wilhelm von Rosenberg
gehört, besagt auch die ausführliche Widmung, welche
lautet:

„Ewichwerender Calender Sampt Tabulen auf etliche
gewisse Jahre darauss man künfftich beyde nach dem
Alten und Neuen Stilo alle Festtage, Euangelien, A'lohn-
scheine, Tageslenge, Planetenstunden, Finsternüsse an
Sonnen und Mohn leichtlich tinden kan zu Ehren und
Sonderlichen gefallenn dem Hochgebornen Fürsten und
Herrn, Herrn Wilhelm Regierenden Herrn des löblichen
Hauses Rosenberg auf Wittichnau und Behmischen
Crumnau Ritter des gulde Flusses Röm. Kay. May. ge-
haymsten Rath und obristen burggraven der Chron
Boehmen.“

Unter der „Taffel der Finsternussen an Sonnen und
Mohn auf Künftige 40 Jahr“ steht die Bezeichnung:

„Geordnet und gerechnet durch Hermannum Bulde-
rum von Ossenbrugh und durch Erasmum Habermehl
zugerichtet 1587.“ Die ausgesprochene Rollwerkorna'
mentik die feine Zeichnung der Zahlen und Buchstaben
sowie die helle leuchtende Vergoldung hätte auch ohne
die Signatur das Instrument dem süddeutschen Meister
Habermehl zugewiesen.

') Krones, Herr Wilhelm von Rosenberg und die zeitgeschicht-
Iichen Berichte im Wittingauer Archiv, Beilage der Allgemeinen
Zeitung 1897 Nr. 260.

Das Instrument ist einmal deshalb von Bedeutung
weil es beweist, das wir die Instrumentenmacher im
wesentlichen wohl als Handwerker aufzufassen haben,
die oft ihrerseits wieder mit Arbeitsverteilung arbeiten,
denen aber die mathematischen Grundlagen doch wissen-
schaftliche Fachleute jeweils gegeben haben, wenn sie
sie nicht für ihre üblichen Sonnenuhren und Kalendarien
grundlegenden Schriften wie denen des Regiomontan
direkt entnehmen konnten. So gehen die ganzen Berech-
nungen und tabellarischen Aufstellungen des Figdorschen
Instruments auf den Arzt und Astronomen Hermann
Bulderus aus Osnabrück zurück. Wilhelm von Rosenberg,
einer der eifrigsten Förderer der Alchimisten,2) der auch
manchem Schwindler leicht in die Arme fiel, und der
viel Geld zur Erlangung des Goldes und des Steines
der Weisen opferte, hatte diesen Arzt, den sein tüchtiger
Archivar Brezan vielleicht etwas hart einen Zutreiber der
Alchemisten nennt, Geld für seine astronomischen Studien
hergegeben. 1599, nach dem Abgange des Andreas
Scholius wurde Bulderus Leibmedikus und Matematikus
der Rosenberge. Als solcher erscheint sein Wappen
neben den Wappen des ganzen Rosenbergschen Hof-
staatspersonals im Wappensaale des Wittingauer Schlosses
(1602).3) Bulderus hat die Kalenderplatte 1587 seinem
Gönner aus Dankbarkeit gewidmet gelegentlich der Ein-
führung des Gregorianischen Kalenders; bis zur Einnahme
und Konfiskation von Wittingau mag sie im Schloß ge-
blieben sein, dann scheint sie als Beute des Siegers
verschleppt zu sein und taucht erst jetzt wieder in der
Sammlung Figdor auf. Bulderus begleitete sein Geschenk
mit einem ausführlichen Schreiben vom 15. Oktober 1587
aus Prag, das sich noch lieute im Schwarzenbergschen
Archiv zu Wittingau befindet. Es hat folgenden
Inhalt:

„Nachdem ich etliche Jahr rationem novi calendarii
zum fleissigsten consideriert, einen Modum zu erfinden,
dadurch der neue Kalender einem jeden verständlich
wäre, wie ich E. f. GN. zu Raudnitz gezeigt, bin ich
durch viele Nachdenken auf eine wunderbarliche neue
Invention geraten, wie ein jeder Laie, der nur schreiben
und lesen kann, in einem Augenblick einen ganz voll-
kommenen alten oder neuen Kalender, auf welches Jahr
man begehrt, vergangenes oder zukünftiges stellen kann,
wie man jährlich aufs Neue pflegt zu drucken. Welches
Kunststückel ich auf gegenwärtiges Instrument geordnet,

-) Vergl. den sehr interessanten Aufsatz von Wagner,

Wissenschaftlicher Schwindel aus dem südlichen Böhmen, Mit-
teilungen d. Ver. f. d. Geschichte d. Deutschen in Böhmen
Bd. XVI, 112.

3) Zu großem Dank bin ich dem Archiv von Wittingau ver-
pflichtet für alle Nachrichten aus und über Wittingau.

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