Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 55.1919/​1920 (Oktober-März)

DOI Heft:
Nr. 15 (9. Januar 1920)
DOI Artikel:
Glaser, Curt: Hoheitszeichen und Denkmäler
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29588#0346

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
308

HOHEITSZEICHEN UND DENKMÄLER

AUS Darmftadt wird uns beriditet, daß man dort im Begriff fteht, das
»Hoheitszeidien« der verfloflenen Regierung von dem Giebel des Haupt-
poftamtes zu entfernen. Anlaß gah eine Verfügung des Reichspoftminifteriums,
die natürlich für das gefamte Gebiet des Reidies Geltung hat. Gegen diefes
Vorgehen proteftiert nun der »Verband der biidenden Kiinftler in Heflen«
in einer an die heffifdie Staatsregierung geriditeten Eingabe, aus der wir die
folgenden Sätze wiedergeben:

»Ganz abgesehen von dieser unproduktiven Verfdhwendung bedeutet die
Verftiimmelung öffentiidier Denkmäler und Gebäude im einzelnen eine FäL
fdiung hiftorifdier Wahrheit; fle muß als eine Barbarei bezeidmet werden,
gegen die wir im Namen der deutfdien Kultur und Kunft fchärfften Proteft
erheben. Das Wappen im Giebel des Hauptpoftgebäudes ift kein beliebiges
Firmenfdiild, fondern eine fteinerne Urkunde, ein hiftorifches Denkmal. Der
Krieg gegen Denkmäler hat aber immer fchon als kindifch und unreif gegoL
ten . . . Es fei daran erinnert, daß die Hoheitszeidhen der geiftlichen Stifte
nadh der Säkularifation <1806) erhalten blieben, ebenfo wie die Wappenzeichen
der früheren Standesherren und Landesherren unberührt und unter DenkmaL
fchutz geftellt find. Der Verfuch, fie bei baulichen Umänderungen zu befei-
tigen, ift in vielen Fällen durch die Denkmalpfleger und durch die Kreisämter
auf Grund des heffifchen Denkmalfchutzgefetzes verhindert worden. Hat diefes
Landesgefetz für die Reichsbehörden keine Gültigkeit?

Wir bitten die Regierung, dafür Sorge zu tragen, daß wenigßens für
Heflen die Wiederholung derartigen Vorgehens unterbunden wird und daß
die verfügbaren Mittel lieber zur pofitiven Förderung künftlerifcher Arbeit
verwendet werden.«

Man mag in der Sache felbft Stellung nehmen, wie man will, die Tat-
fache, daß durch die notwendigen baulidhen Veränderungen im gefamten Reichs-
gebiete ungezählte Summen verfchlungen würden, muß allein dazu führen, daß
von fo weitgehenden Plänen Abftand genommen wird. Aber auch die an-
deren Argumente, die in der Eingabe geltend gemacht werden, beftehen felbft-
verftändlich zu Recht. Und trotzdem wird man fich nur fthwer entfthließen
können, fie als für alle Fälle verbindlich anzunehmen. Die kaiferliche Re-
gierung hat unfere Städte, und zumal Berlin, mit allzuvielen Scheußlichkeiten
begabt, als daß wir uns verpflichtet halten follten, ihre Denkmäler für alle
Zeiten in Schutz und Pflege zu nehmen. In Kopenhagen hat man fich —
ohne Revolution —- entfchloflen, ein allgemein verurteiltes Denkmal, das jahre-
lang vor dem Mufeum geftanden hatte, endlidi zu entfernen. Wenn wieder
eine preußifche Landes=Kunft=Kommiffion zufammentritt, fo dürfte fie auf
 
Annotationen