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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 31.1932

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Heft 4
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Révész-Alexander, Magda: W. M. Dudoks neues Rathaus in Hilversum
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Scheffler, Karl: Georg Dehio
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https://doi.org/10.11588/diglit.7616#0158

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denken kann. Gute Proportionen des Raumes und der Treppenanlage, glatte, weißgeäderte
Marmorwände und Fußböden mit schwarzem Marmor umrändert, eine helle, aber gedämpfte
und ruhige Beleuchtung: das alles erweckt den Eindruck von intim heiterer Festlichkeit. Im
übrigen zeugt der ganze Plan, die Verteilung und Einrichtung der Räume, die Beleuchtung,
die Möbel, Stoffe, Farben und das Material nicht nur von einer bis ins kleinste dringenden
Sorgfalt, sondern von einem reifen Sinn für das Zweckmäßig-Schöne.
Die Glanzpunkte sind die großen Säle, ist vor allem der mächtige Bürgersaal, ein Fest-
raum von erstaunlich starker Stimmung.

Mit seinem Reichtum im Einfachen, seiner Sachlichkeit im Monumentalen, seiner Poesie
im Praktischen, organisch lebend in strenger Gesetzlichkeit ist das Rathaus von Dudok
ein Werk von großer künstlerischer Bedeutung.

Georg Dehio t

Er hatte zuletzt etwas von einem Einsiedler. Bis ins hohe Alter hat er still, ohne Hast
und ohne Unterbrechung, für sich gearbeitet, wie nach einem vorberechneten Lebensplan.
Als sein Hauptwerk endgültig abgeschlossen war, hat er sich zum Sterben hingelegt. Alle
halten nun verehrend die goldenen Früchte dieses reichen Gelehrtenlebens in Händen;
nicht viele aber — außer seinen Schülern in Königsberg und Straßburg — haben ihn von
Angesicht jemals gesehen. Dieser Meister der Kunstgeschichtsschreibung hatte nie den
Ehrgeiz des Erfolges, sondern immer nur den der Leistung. Die Ehren sind in reichem
Maße zu ihm gekommen, wie aus der Ursache die Wirkung folgt. Hier war das Leben
einmal gerecht. Als Forscher hatte Dehio nicht den Ehrgeiz des Spezialisten, sondern
den eines sich im Vaterländischen begrenzenden Universalisten. Er wollte nicht nur für
Fachleute schreiben, sondern für alle, die ein Organ für Kunst haben. Er wandte sich
an den Menschen und zeigte immer wieder im Wissen und Darstellen auch sein Herz.
Seiner Art nach gehört er noch einer schon ausgestorbenen Generation universell denken-
der Kunsthistoriker an, der Generation der Jakob Burkhardt, Carl Justi, Hermann Grimm u.a.
Niemals aber erstrebte er vorschnell Universalität. Sein Entwicklungsweg beweist, wie fest
die Fundamente seiner Lebensarbeit sind. Der Balte begann mit Studien über die „Kirch-
liche Baukunst des Abendlandes", beschäftigte sich dann mit den „Denkmälern der
deutschen Bildhauerkunst", und schuf endlich das „Handbuch der deutschen Kunstdenk-
mäler", ein Werk, das so unentbehrlich geworden und so überpersönlich geraten ist, wie
Burkhardts „Cicerone", bevor er die Hauptarbeit seines Lebens begann, ja die Arbeit,
die allen seinen Studien und seinen Bemühungen erst den tieferen Sinn gegeben hat:
die „Geschichte der deutschen Kunst". Vor wenigen Wochen erst ist in diesen Blättern
beim Erscheinen der letzten Bände diese großartige Arbeitsleistung gewürdigt worden.
Die Öffentlichkeit hat das schmeichelhafteste Urteil darüber gefällt, das einem Gelehrten-
werk zuteil werden kann: sie versachlicht naiv das Persönliche und spricht von dem
monumentalen Werk einfach als vom „Dehio". Hier ist ein Name, der wirklich einmal
mit Recht in den Tagen der Goethefeiern zugleich mit dem Goethes genannt werden
darf: weil dieser Gelehrte wußte, wie sehr Geschichtsschreibung immer auch Dichtung
ist und weil auch bei ihm alles auf Synthese hinauslief. Das Denkmal, das dieser im
Wissenschaftlichen und Menschlichen gleich Große sich mit seinem Lebenswerk selbst
errichtet hat, wird ausdauern. Karl Scheffler

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