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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 4.1893

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Faulwasser, Julius: Einiges über moderne Treppen-Anlagen, [1]
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Zinn, Maria: Die Frau und die dekorative Auschmückung des Hauses
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Hornig, Fr.: Plastische Erzeugnisse als Schmuck, [1]
DOI Artikel:
Bronziren von Gips-Gegenständen
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https://doi.org/10.11588/diglit.11380#0146

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Juni-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Seite 83.

durch die Tradition eingebürgerter Auffassung begnügen, das Kunst-
handwerk aber soll individuell erfassen, dadurch allein erobert es sich
das Grenzgebiet der Kunst! — Auf letzterein stehen z. B. die Bronze-
Statuetten, die inan von der Kleinheit
der Nippes an bis zur landläufigen
Größe der Zimmer-Statuen findet;
besonders die russischen Bronzen ver-
dienen das Interesse aller kunst-
freundlich gesinnten Kreise, denn,
durchgängig anatomisch richtig, bis
ins Kleinste sauber und karakteristisch
durchgeführt, dazu aus edlem S>toff
gearbeitet, bilden dieselben unstreitbar
einen Zimmerschmuck edelster Art.

An: ein Beispiel anzuführen, sei der
„Schlittschuhläuferin" gedacht. Aus
dem Gis, durch ein Stück Bergkrystall
dargestellt, schwebt eine weibliche Figur
in moderner Kleidung, mit Pelzjackett
und Hut dahin, die Hände in einem
Muff steckend, den einen Fuß leicht
gehoben — in völlig ungezwungen-
anmuthiger, vom Moment gegebener
Stellung. Die Falten des Kleides,
die Pelzverbrämung, Hut und Schuh-
werk, alles ist unter seiner Beobachtung
und größter technischer Fertigkeit dar-
gestellt, sodaß man der Statuette
dauernden Kunstwerth zusprechen kann.

Von gleicher Vorzüglichkeit sind die
Gruppendarstellungen von Schlitten-
gespannen, Jagd- und Soldaten-
Scenen. — Glattgehaltene Broncen,
nach französischer Art, sind niedriger
im Preis, dafür erreichen sie aber bei
Weitem nicht die feine Ausführung
der vorgenannten; immerhin aber sind
sie besonders zu Eck-Dekorationen sehr gut verwendbar. Dieses Genre
bringt mit Vorliebe Gestalten aus dem „schwarzen Lrdtheil" zur Dar-

Nr. 582.

stellung, nicht selten sogar unter Benutzung von Farben für die Kleidung;
daß Letzteres in Einzelfällen recht gut zu wirken vermag, ist nicht abzu-
läugnen, im Allgemeinen aber sind Statuetten und Büsten, zumal größerer

Art, unbemalt zu lassen. Betreffs
dieser Meinung läßt sich jedoch viel-
leicht von einem anderen Standpunkte
ebensoviel dagegen als dafür sagen,
denn die bekannte Streitfrage: „Sollen
wir unsere Figuren bemalen oder
nicht?" ist bekanntlich noch nicht als
gelöst zu betrachten, und wird es wohl
auch nie werden, so lange cs eine
freie individuelle Meinung über Ge-
schmack und Schönheit gibt.

Eine andere Art plastischen
Schmuckes bilden die großen Vasen
und Krüge aus edlem Gestein, als
farbigen: Marmor, Speckstein, Ala-
baster, Porzellan und allen dem
ähnlichen Massen. — Ls liegt auf
der Hand, daß besonders Marmor-
Gegenstände, vollends in antiker Form
gehalten, an erster Stelle empfohlen
werden können, und eignen sich selbige
ihres kühlen vornehmen Karakters
halber am Besten für Repräsentations-
räume. Wärmer und freundlicher
wirken g)ier-Gefäße aus Porzellan,
doch fällt dabei natürlich das Klas-
sische hinweg. Für Renaissance hat
die Majolika-Industrie entsprechende
Vasen, Krüge und Humpen geliefert,
für Rokoko mit unübertreffbarer Fein-
heit die Porzellan-Manufaktur; aus
je dem Karakter der Vase o. dgl. an-
gepaßter Säule ruhend, bildet das
Ganze eine effektvolle und mit relativ
geringen Kosten herzustellende Dekoration für Lcken und schmale Wände,
sie Z- B. zwischen den Fenstern Vorkommen. cschiutz auf Sene ye.)

Treppenhaus der Kgl. Vayr. Gesandtschaft Z» Berlin.

Aurgeführt von den Architekten «yllmann und Heyden.

wie

dem Zimmer. Da sind die vielen Nippes, die alle Schränke und Tische
überfüllen. Nur in bescheidenen: Maße, wenn die Qualität eine gute
ist, kommen Nippes zur Geltung und zu ihrem Werthe.

Diese allgemeinen Angaben sind nur zur Vermeidung der gröbsten
Fehler. Hat die Frau Geschmack, so wird sie in unseren Magazinen
sich schon das Beste auswählen. Da sind die herrlichen, indischen und
persischen Stoffe, die orientalischen Teppiche, arabische Tabourets, da
ist Alles, was sie begehrt. Nnd die Finger, die das Schöne ausgesucht,
können auch gar nicht abwarten, es zu arrangiren. Da — die schönen
Falten — so — und nun der Knoten, das ist das Schwierigste, aber
es geht, ja, — so ist's richtig! In die Mitte nun eine japanische
Trophäe und durch den Knoten einen Dolch. Ls sieht wirklich ganz
allerliebst aus. Nnd darunter der hübsche Divan, das schneeweiße
Fell, das entzückende Tabouret und weiter die herrliche Palme, die
mitten in's Zimmer gestellt, sich so gut ausnimmt. Wie zierlich die
Schlinggewächse angebracht sind, die nach unten hängen und der große
Busch Frühlingskätzchen und Frühlingsveilchen!

Ist die Frau selbstschöpferisch in künstlerischer Beziehung, so kann
sie unendlich viel zur dekorativen Ausstattung ihrer Wohnung beitragen.
Zunächst mit Malen. Sie kann die Thürfüllungen und Fenstergesimse
mit graziösen Rokoko-Grnamenten verzieren (auch ihre Möbel). Auch
auf andere Weise kann sie die Thüren schmücken, indem sie das rohe
Holz ein wenig beizt und nun in die Füllungen Zeichnungen nach Dürer
und Burgkmair, oder nach eigenem Geschmack einbrennt oder sie zeichnet
die zierlichen Peter Flötner-Grnamente auf und malt sie etwas dunkler,
wie die Farbe der Thür ist, so daß es den Karakter des Eingelegten hat.

Auf dem Gebiete der Nadel liegt ein ebenso großes Feld offen,
zunächst für Tisch- und Bettwäsche. Welch' eine Wohlthat ist es, wenn
man in einem Haushalt ein originelles Stück antrifft, ein Tischtuch,

das die Hausfrau nach eigenen: Geschmack mit sinnreichen Sprüchen
und geschmackvollen Leinendurchbrüchen versehen hat, während die
bekannte Fabriknummer, die wir überall antreffen, unser Mißfallen erregt.

Die Ausschmückung der Bettwäsche verleiht dem Schlafzimmer
einen besonderen Reiz. Auf mannigfaltige weise können wir Kissen
und Bettdecke verzieren. Mit Filet-Guipure, feinen Häkeleien und
sonstigen Nadelspitzen.

Nnd auf dem Gebiete der Stickkunst? Wie viel steht da der Frau
offen. Sie kann die Medaillons der Stühle und der Sofas, ihre
Rokoko-Einrichtung mit graziösen Flachstickereien aus füllen, Tulpen
oder Nelken wählend, sie kann eine Truhe mit einfacher Applikations-
stickerei überziehen, sie kann in derselben Art eine breite Bordüre für
Portiären für eine dazu stimmende Tischdecke arrangiren, sie kann
Paravents und Staffeleimappen Herstellen, sie kann unendlich viel,
wenn sie will.

Wie sehr wäre es zu wünschen, wenn ein frischer Hauch durch
unsere Frauenhandarbeit zöge! Anmuth und Schönheitssinn müssen
das Scepter führen, so daß man nichts mehr bewundert und liebt,
als das selbstgeschmückte, als das selbstgeschaffene Heim! —

Bronzirrn Von Gi;,s-Grgrnst8ndrn. Line sehr gute Bronzi-
rung erhält man nach dem „Techniker" von den Abfällen der Gold-
schläger, wenn man dieselben unter einem Farbenläufer mit Honig zer-
reibt. Der zu bronzirende Gegenstand wird dann mit Leinöl bestrichen
und das metallische Pulver mit einem Lappen aufgetragen. Ebenso
kann man sich hierzu des Mosaikgoldes bedienen. Dasselbe wird mit
6 Theilen kalcinirter Knochen zerrieben und mittelst eines feuchten Tuches
auf den zu bronzirenden Gegenstand gebracht. Der Bronzeüberzug wird
dann mit einem trockenen Lappen eingerieben und schließlich geglättet.
 
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