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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Adelung, Sophie von: Cornelius Schwämmlein, [2]: Umrisse in Pech-Schwarz gezeichnet
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0158

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'Cornelius Schwämmlein. Umrisse in Pech-Schwarz gezeichnet von S. v. Adelung.


Henri de Ls Rochrjsguelin. von Alexander Bloch.

LornelmKl Schivkmmlein.

Umrisse in j)ech-5chwarz gezeichnet von 8. von Adelung.

(Schluß aus dem vorigen Hefte.) Nachdruck °°rb°t°n.

ie nächsten drei Tage war es so trübe und naßkalt,
daß es nicht der Mühe wert war, sich auf der Wald-
wiese einen Schnupfen zu holen: malen konnte man bei
solcher Beleuchtung — oder vielmehr Abwesenheit von
Beleuchtung — doch nicht.

Aber als am vierten Tage die Sonne sich wieder
siegreich durchs Gewölk gearbeitet hatte und einen ihrer
breiten goldenen Strahlen nach dem anderen auf die Erde
niedersandte, bepackte er sich mit seinem Malapparat und
machte sich fröhlich auf den Weg, der ihm schon so be-
kannt war, daß er ihn im Dunkeln hätte finden können.
Auf der Wiese angekommen, stellte er Malschirm und
Staffelet ganz mechanisch auf das gewohnte Plätzchen,
das bereits an den stark zertretenen Gräsern zu erkennen
war. Dann drehte er sich nach der Mühle, um ihre
heutige Beleuchtung zu prüfen.

Eine Minute verging — zwei, drei Minuten ver-
gingen — Cornelius stand immer noch auf derselben
Stelle, starr, regungslos, mit bleichen Lippen und stieren
Augen. War das, was er sah, ein Trugbild? War es
eine Spukgestalt, oder entsetzliche Wahrheit?

Er schloß die Augen — und er öffnete sie wieder.
Aber je länger er hinblickte, desto klarer und deutlicher
wurde ihm: was er sah, war grausame, nackte, rohe
Wirklichkeit.

Statt der wild überwucherten üppig grünen Balken,
schlüpfrig-feucht in ihrem Moosfchmuck, liefen nun die
kahlen, rohen Bretter hin, schmucklos und sauber abge-
kratzt. Kein Tropfen sickerte mehr dazwischen hindurch,
an einer Stelle war ein nagelneuer Balken eingefügt
worden, wo früher das Wasser so lieblich gurgelnd in
einem kleinen Fall weibschäumend durchgebrochen war.
Die Flechten- und Mooskränze waren bis auf den letzten
entfernt worden, ebenso die blauen Glockenblumen, die im
Takt zu den Wellen vom Gebälk herabgenickt hatten.
Auch das Mauerwerk war ausgebessert worden, abgeschabt,
gereinigt und all seines üppigen Schmuckes beraubt.
Drunten aber war das Gras gemäht und all das Ge-
wirr von Kräutern und Blumen hinweggeräumt worden.

Lange stand Cornelius da, ein vernichteter Mann.
Die Stimme des Müllers, welcher über den Bach ge-
schritten kam, riß ihn aus seiner Erstarrung. „Nun,
was sagen Sie jetzt?" rief er dem Maler schon von
weitem triumphierend zu: „ist sie nicht schön jetzt, meine
Mühle? Eine Schande und ein Spott wär's gewesen,
das Gebäude mit samt all dem Plunder abzukonterfei'n
und gar auf die Ausstellung! Lang schon wär's nötig
gewesen, zu räumen, aber um die Zeit war mir's leid.
Nach dem, was Sie mir gesagt haben, hat's mich aber
nicht mehr gelitten, zwei Tage lang haben wir geschafft,

ls

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