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Romanische Portale in Niederösterreich

Von RlCHARD RURT DoNIN

Einleitung

Man kann es rechtfertigen, das Portal abgesondert von der romanischen Gesamtarchi-
tektur zu behandeln. Bernouilli') hat dies für die Entwicklung des Portaltypus in der
Provence bewiesen. In ähnlicher Weise hat Burkhard Meier die Portale „zwischen Weser
und Elbe" untersuchD) und ist dabei zu grundlegenden Erkenntnissen für die sächsische
Portalentwicklung gelangt.

Für Niederösterreich lagen die Verhältnisse schwierig, weil die siiddeutschen Portale,
denen die niederösterreichischen teilweise zuzurechnen sind, bisher noch nicht im Zusammen-
hange bearbeitet wurden. Auöerdem sind für die Frühzeit des Stiles niederösterreichische
Denkmäler nur äußerst spärlich und lückenhaft vorhanden. Gerade die für die Entwicklung
der romanischen Kunst in Niederösterreich bedeutendsten Baudenkmäler bestehen nicht
mehr. Die alten Babenbergerburgen zu Klosterneuburg, zu Wien, zu Hainburg, auf dem
Kahlenberge, zu Mödling sind verschwunden oder liegen in Trümmern. Die für die Kolo-
nisation und kulturelle Entwicklung so wichtigen Stifte Melk und Göttweig, Erla und Her-
zogenburg, Altenburg, St. Andrä a. d. Traisen, Seitenstetten und Geras haben aus romani-
scher Zeit fast nichts mehr gerettet.

Größere romanische Reste anderer Klosterbauten wie in St. Pölten, in Ardagger, in Klein-
Mariazell, in Klosterneuburg gehören späteren Bauzeiten an und sagen uns gerade über
die Kunst des XII. Jahrhunderts nichts. Ja, nicht einmal vom alten Bau von St. Stephan
und der romanischen Schottenkirche in Wien können wir uns eine rechte Vorstellung
machen. Diese Nachteile werden glücklicherweise durch reicheres Denkmälermaterial am
Ausgange der Epoche wettgemacht, das sogar das Bestehen einer niederösterreichischen
Portalschule wahrscheinlich macht.

Zu dem Mangel an frühen Denkmälern gesellt sich der Mangel an modernen Denkmal-
inventarien. Die bisherigen niederösterreichischen Bände der österreichischen Kunsttopo-
graphie behandeln an romanischen Denkmälern arme Bezirke, in denen merkwürdigerweise
kein einziges bedeutenderes romanisches Portal vorkommt. Außerdem fehlt, von einigen
ausgezeichneten Aufsätzen Neumanns und der literarischen P'ehde anläßlich des Riesentor-
projektes abgesehen, fast vollständig neuere kunstwissenschaftliche Literatur über die roma-
nische Kunst unseres Landes.

Die vorliegende im Jahre 1913 abgeschlossene Arbeit möge als ein bescheidener Ver-
such, das vorhandene Denkmälermaterial zu sammeln und zu sichten, angesehen werden.
Bei Sammlung des Materials ist möglichste Vollständigkeit wenigstens angestrebt.

') Rudolf Bernouitli. Die romanische Portalarchitektur
in dcr Provence, Straßburg 1906.

-) Burkhard Meier, Dic romanischen Portaie zwischen
Weser und ihlbe, Heidelberg 1911.

Vergleiche auch die Besprechungen dieser Arbeit durch

G. Dehio in der Deutschen Literaturzeitung 1913, S. 107,
Heft 2, und P. F. Schmidt in den Monatsheften für Kunst-
wisscnschaft V (1912), Heft 6, ferner Dehio und v. Bezold,
Die kirchliche Baukunst des Abendiandes (Stuttgart 1884

bis 1891) I 697 ff.

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