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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,1.1916

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Heft 2 (2. Oktoberheft 1916)
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Grupe, Margot: Das Deutsche in der Mode
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Högg, Emil: Der Wohnungsdiktator
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https://doi.org/10.11588/diglit.14295#0107

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Wirtschaft? Ia, wenn wir nicht zugelassen hätten, daß unsre guten Stoffe
nach Lngland gingen und von dort gestempelt als englische zurückkamen und
halfen, den Ruf der englischen zu heben, den der unsern herabzudrücken!
Schottische tzochlandsschafe haben andere Wolle als unsre, und Lamas
haben wir nicht, aber eine Menge vorzüglichster Wolle haben auch wir
und ihren Wert herabsetzen schadet unsrer Volkswirtschaft mehr als die
Modeausfuhr ihr nützt. Warum wird nicht mal eine Klöppelspitzenmode
zugunsten unsrer Klöppler im Riesen- und Erzgebirge herausgebracht,
warum werden die Ansätze zur Heimweberei, Strickerei, tzandnäherei, um
die sich Einzelpersonen und Vereine so heiß bemühen, nicht in unsre Mode
aufgenommen? Gute Volkswirtschaft begänne doch wohl im Ausnutzen
aller Volkskräfte, aller heimatlichen Stoffe und zugunsten vieler Volks-
genossen und eines weiten Wirtschastskreises.

Eine deutsche Mode müßte vor allen Dingen für ihre eigene Volks«
wirtschaft sorgen in dem Sinne, daß sie erst das Beste für die tzeimat,
schafft, heimatliche Verhältnisse berücksichtigt. Etwas Festes, Bodenständi-
ges müßte erst hier gedeihen. Dann kann das zur Ausfuhr Bestimmte
für die Bedürfnisse und Geschmacksrichtungen des Auslands zugestutzt
werden. So ist es doch wohl immer der rechte Weg: Gewinne das Ver-
trauen deines engen Kreises durch das Streben nach dem Besten, dann
gewinnst du dir weite Kreise durch den Wunsch, dieses Beste auch zu be«
kommen.

Das erreicht nicht, wer ohne Grundsätze und Ideale an die Dinge heran-
geht und dem leichten Gewinn nachstrebt. Wer weitausblickende Ziele
mit einer deutschen Mode verfolgt, der schaffe feste deutsche Unterlagen,
läutere den Geschmack der großen Menge, achte unsre deutschen Erzeug-
nisse, bilde die vorhandenen Fähigkeiten heran. Stehen wir darin auf
festem Boden, dann ist es kein Anglück, daß wir uns hier oder da vom
Ausland anregen lassen, und dies oder das vom Ausland beziehen. Es
wird sein wie mit der deutschen Sprache. Mußte ein Krieg kommen, um
uns zu sagen, daß wir sie schlecht pflegen und völlig mißhandeln? Wir
dürften manches Fremdwort ruhig gebrauchen, wenn wir das Deutsche
in unsrer Sprache zur höchsten Vollkommenheit brächten. So dürften wir
für die Mode aus mancher fremden Quelle schöpfen, wenn wir ihr Wesen
und Wirken deutsch durchdringen würden. ^ Margot Grupe

Der Wohnungsdiktator

^V>^ie beabsichtigt gewesen, hat mein Kassandraruf nach einem
^ ^Reichsamt zu beschleunigter Beschaffung von Kleinwohnungen und
meine Schwarz- in -Schwarz-Malerei der zu erwartenden Woh-
nungsnot (siehe Kunstwart, zweites Augustheft (9(6, S. (63) viel Staub
aufgewirbelt, draußen im Schützengraben, däheim auf den noch immer leeren
Baustellen für Krieger-Siedelungen, sowie auch in den sich getroffen
fühlenden Schreibstuben und Kanzleien. Dabei ist die eifrige Zustim-
mung, die meine Ausführungen fanden, nach Zahl und Gewicht
so stark zu deren Gunsten ausgefallen, daß ich den ermutigenden Eindruck
gewonnen habe, mich mit meinen Gedankengängen im Einverständnis mit
dem Fühlen weitester Volkskreise zu befinden. Diese Gedankengänge sind,
noch einmal kurz zusammengefaßt, folgende:

Vor dem Krieg waren die Kleinwohnungen (ein bis zwei Zimmer,
 
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