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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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III. Die Entdeckung der höfischen Liebe

Stich 'Romeo und Julia'Die höfische Literatur, die in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts zu blühen begann, gilt als epochales Novum. Neu war ihre Sprache, denn man dichtete nicht länger im gelehrten Latein, sondern auf Mittelhochdeutsch. Neu war, dass diese Kunst nicht mehr in den religiösen Zentren, in Klöstern und an Bischofssitzen gepflegt wurde, sondern an den Höfen weltlicher Fürsten. Mäzene, Autoren und Publikum der höfischen Literatur waren Laien. Neu war jedoch vor allem die Idee der Liebe, die sich in der Epik wie in der Lyrik Bahn brach.

Saget mir ieman, waz ist minne? – Diese Frage des Dichters Walther von der Vogelweide nach dem Wesen der Liebe beschäftigte seit dem hohen Mittelalter fahrende Sänger, Adlige und Kleriker. Die Dichter dachten nicht nur über die Wirkung der Liebe nach, sondern diskutierten auch kasuistisch das rechte Verhalten in der Liebe; die höfische Gesellschaft entdeckte die Liebe als ethischen Wert.

Dieses bemerkenswerte Interesse an der theoretischen Beschäftigung mit der Minne beeinflusste daher nicht nur das Verhältnis zwischen den Geschlechtern. Sie wandelte auch das Selbstverständnis und die Umgangsformen innerhalb der höfischen Gesellschaft: Mit dem Entwurf eines Ritterideals sollte der kriegerische Adel diszipliniert werden. Der elaborierte Liebesdiskurs sollte einüben, Konflikte mit Worten statt mit Waffen auszutragen.

Diese der Literatur zugeschriebene zivilisierende Funktion darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die höfische Minne zumindest in ihrer Sehnsucht immer als erotische und sexuell erfüllte Liebe gedacht worden ist. Häufig ist die Minne als Liebesbeziehung geschildert, die gesellschaftliche Konventionen sprengt, sogar ehebrecherisch und demnach auf Heimlichkeit angewiesen ist.

Dies trifft für einige der berühmtesten Liebespaare des hohen und späten Mittelalters zu, angefangen von Tristan und Isolde über Lanzelot und Ginevra bis zu Abaelard und Heloise, und findet in Shakespeares Romeo und Julia auch im späten 16. Jahrhundert eine Fortsetzung.

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