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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

IV. „Trotz allen Buchstudiums geht doch nichts über die Anschauung“
die bibliophilen Quellen und Gartenreisen

„Das Feinste an Anlagen des neuen Stiles“ – Marie Luise Gothein und der zeitgenössische Garten

Im letzten Kapitel ihrer „Geschichte der Gartenkunst“ erweist sich Marie Luise Gothein als Anhängerin des neuen architektonischen Gartenstils. Haus und Garten sollten als Einheit gedacht und gestaltet werden, der Landschaftsgartenstil wurde zurückgedrängt. Mit vielen Protagonisten der neuen Bewegung war Gothein persönlich bekannt.

Die „Geschichte der Gartenkunst“ endet mit einem langen Kapitel über die Gartenkunst der eigenen Zeit. Darin setzt sich Marie Luise Gothein unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Objektivität, allein durch die Auswahl ihrer Quellen und Beispiele, für den sich durchsetzenden Stilwandel in Gärten und Parks ein. Der architektonische Garten drängte den Landschaftsgartenstil zurück.

Den weiten Bogen des ‚langen‘ 19. Jahrhunderts erschließt sie mit zwei Leitmotiven: Wissenschaft und Demokratie, wobei sie unter Wissenschaft vor allem die Botanik versteht. Die funktionale Zäsur hin zur „Demokratisierung des Gartens“ betont sie mehrfach in ihrem Buch. In einem privaten Brief kommt jedoch ihre ablehnende Haltung gegenüber der Demokratie zum Tragen:

„Ein Hauptteil der Charakteristik der modernen Strömung hat sich ja mit der Demokratisierung des Gartens zu beschäftigen. Und wenn ich in meinem kleinen blühenden Gärtchen sitze, sollte ich ja dankbar sein – aber ich bins nicht, nein und wills auch nicht sein.“ [Briefzitat aus IV.7a; Brief nicht online verfügbar]

Als Referenzen nennt sie Hermann Muthesius und Paul Schultze-Naumburg. In seiner 1907 erstmals publizierten Schrift „Landhaus und Garten“ analysiert der Architekt Hermann Muthesius die veränderten Bedingungen von suburbanen Landhäusern. Der Garten wird zum erweiterten Wohnraum, die Verbindung von Haus und Garten soll im Mittelpunkt der Planungen stehen.

Marie Luise Gothein stellt in der „Geschichte der Gartenkunst“ Muthesius als Vertreter „einer neuen Gartenbewegung“ vor. Diese richtete sich gegen den aus deren Sicht überkommenen Landschaftsgartenstil.

Daneben bildet auch Paul Schultze-Naumburg eine wichtige Referenz in Gotheins Buch. Im zweiten, den Gärten gewidmeten Band seiner „Kulturarbeiten“postuliert er, dass der Garten „doch immer eine architektonische Aufgabe“ ist, auch wenn hauptsächlich mit Pflanzen ‚gebaut‘ wird.

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