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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

IV. „Trotz allen Buchstudiums geht doch nichts über die Anschauung“
die bibliophilen Quellen und Gartenreisen



„Die schematisch wirkenden Stiche beleben“ – die französische Gartenreise

Marie Luise Gotheins Reise nach Frankreich stand unter dem Einfluss einer großen Lebenskrise. Für manchen Gartenbesuch war sie zu müde, sie litt unter der Einsamkeit. Auch hatte sie mit schwierigen Quellen zu kämpfen. Das alles hatte Auswirkungen auf die Darstellung der Gärten in ihrem Buch.

Im August 1909 forschte Marie Luise Gothein vor Ort über französische Gärten der Renaissance und des Barock. Unter der Woche verbrachte sie ihre Zeit hauptsächlich in der Bibliothèque Nationale de France. Spätnachmittags und am Wochenende besuchte sie dann die Gartenanlagen, allen voran Versailles, wovon sie in ihren Briefen nach Hause berichtete:

„Heute habe ich wieder noch ganz in Versailles gelebt und zwar höchst genussreiche Stunden, welch ein Reichtum hat dieser Garten erlebt. Sein Höhepunkt und wohl überhaupt der Höhepunkt des Lebens Louis XIV und seiner Zeit wird das Jahr 1674 gewesen sein, damals als er die großen Feste in Versailles […] feierte […].“ [Briefzitat aus IV.2a; Brief nicht online verfügbar]

Für ihre Besuche der wichtigsten Gärten verließ sie sich auf dem „Baedeker“. So entfiel Marie Luise Gotheins Besuch von Compiègne auf Grund von veralteten Öffnungszeiten. Aber auch bei anderen Gärten ist es fraglich, ob sie diese vor Ort gesehen hat. So zum Beispiel bei Vaux-le-Vicomte, über dessen Besuch sie in einem Brief schrieb:

[…] ich gehe dann wahrscheinlich Donnerstag nach Fontainebleau und Le Vaux, wenn ich nur irgend herauskriegen kann ob man es sehen kann ob der Mr Sommier noch der Besitzer ist, denn sehen möcht ich es doch zu gerne im Bädecker steht absolut nichts nur mit Mühe habe ich herausbekommen daß es in der Nähe von Melun liegt.“

Gotheins Ausgabe des Baedeker „Paris und Umgebung“ von 1896 (ein vergleichbares Exemplar zeigt das Exponat), war während der ersten Wiederherstellungsphase von Vaux-le-Vicomte erschienen. 1875 hatte der Unternehmer Alfred Sommier das verfallene Anwesen erworben und begann in den 1890er Jahren die Gärten mit Hilfe von Henri und Achille Duchêne rekonstruieren zu lassen.


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