Navigation überspringen
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
Universitätsbibliothek

II. „Hinaus in die Zukunft leben“ – von Preußen nach Heidelberg

„Schmelz einer reinen Jugend“ – Gundolf, George, Gothein

Vom Verriss zur Verehrung: Die Freundschaft zwischen Marie Luise Gothein und dem Germanisten und Dichter Friedrich Gundolf bahnte sich durch ihre äußerst kritische Rezension seiner Shakespeare-Übersetzungen an. Der persönliche Kontakt überzeugte sie jedoch von seinem – und damit Stefan Georges – Kunstverständnis.

Im Shakespeare-Jahrbuch von 1909 bespricht Gothein ausführlich den ersten Band von Gundolfs Shakespeare-Übersetzung und kritisiert, dass sich der Bearbeiter sprachliche Freiheiten gestattet habe, wie sie nur „dem selbständig schaffenden Dichter“ (S. 365) zukommen würden. Sie listet drei Seiten Belege auf, um grammatikalische, stilistische und klangliche Argumente gegen seine Wortwahl in Stellung zu bringen.

Gundolf wehrt sich in einem ebenso ausführlichen Brief gegen Gotheins Vorwürfe. Er besteht auf seinem ästhetischen Recht, Wort-Neubildungen zu verwenden:

„Glauben Sie mir, sehr geehrte Frau, ich habe für jede Wendung, jedes Wort und jede Ändrung, nicht nur den dichterischen ‚Einfall‘, das sprachliche Erlebnis, sondern auch meine wohlerwogenen Gründe; das genaueste Abtönen aller Begriffe und Klänge, Bilder und Valeurs nach dem ganzen Komplex in dem sie wirken sollen, ist ebenso unumgängliche Vorarbeit meiner Verdeutschung, wie die strengste philologische und kritische Textherstellung.“

zum Seitenanfang