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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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Papier & Buchdruck. Neuerungen der Buchherstellung im Spätmittelalter



Von Ochsenköpfen und Einhörnern – Wasserzeichen als Qualitätsmarken

Durch das Drahtsieb konnte das Wasser schneller ablaufen als bei den älteren Sieben aus Gräsern oder Textilien, so dass der Herstellungsprozess sich erheblich beschleunigte. Aus dem Metalldraht konnten auch Figuren gebogen werden, die auf das Sieb aufgenäht wurden. Im Gegenlicht werden sie im geschöpften Papierbogen als sogenannte Wasserzeichen sichtbar.

Wir kennen Wasserzeichen vor allem als Echtheitsmerkmal in Banknoten. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit bezeichneten unterschiedliche Wasserzeichen die Qualität, die Sorte oder die Herkunft von Papieren und entwickelten sich zu regelrechten Markenzeichen.

Wasserzeichen können eine Vielzahl an Motiven darstellen – vom Turm über die Krone bis zum Einhorn. Ein besonders weit verbreitetes Motiv war der Ochsenkopf. Er wurde wahrscheinlich von den bleiernen Tuchsiegeln übernommen, die in der Textilproduktion schon zuvor als Qualitätsmarke bekannt waren.

Wie entsteht ein Wasserzeichen?

Die frühesten bekannten Wasserzeichen stammen aus dem Italien des späten 13. Jahrhunderts. Möglich wurden sie erst durch die Erfindung der Schöpfform aus Draht: Auf dem Drahtgeflecht des Siebs wurde dazu ein ebenfalls aus Draht gebogenes Zeichen angebracht. Im Mittelalter wurde es nicht aufgelötet, sondern mit feinem Messingdraht oder eventuell auch Pferdehaar aufgenäht.

Beim Schöpfen des Papiers aus der Bütte wurde die sich bildende Faserschicht an den Stellen, an denen die Drahtfigur auflag, etwas dünner, da diese in die sich festigende Faserschicht hineinragte. Daher erscheint im fertigen Papier das auf diese Weise eingedrückte Zeichen heller als seine Umgebung, wenn man den Bogen gegen das Licht hält.

Wurde ein Sieb in der Mühle intensiv eingesetzt, so wurde das Wasserzeichen häufig beschädigt oder verändert: Oft kam es etwa zu Drahtbrüchen oder aber zu Verzerrungen der Figur auf dem Drahtgeflecht. Auch Dehnungen der Papierbögen beim Abnehmen vom Sieb oder beim Trocknen konnten Maßabweichungen bewirken. Auch die Wasserzeichen in Bögen, die mit derselben Schöpfform gefertigt wurden, sind daher nie ‚haargleich‘.


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