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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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BuchDruck – Wandel mit Holzblock und Letter



Von dem Mann und den beiden Frauen

Fabeln und Exempla

Um 1481 erschien in der Straßburger Offizin Heinrich Knoblochtzers eine gedruckte Ausgabe der Fabeln Aesops in lateinischer Sprache. Ihr vorangegangen war der Druck, den Johann Zainer in Ulm 1476/77 als zweisprachige Ausgabe, lateinisch und deutsch, herausgeben hatte.

Das Werk ist eine Art frühhumanistischer Fabelanthologie. Heinrich Steinhöwel hat diese zusammengestellt und neben Aesops Fabeln, eine Biographie und Darstellung dessen Wirkens gestellt sowie gattungsähnliche Fabeln und Exempel ergänzt. Typisch auch für das andere literarische Schaffen Steinhöwels ist dabei, dass er neben dem Kanon der berühmten Tierfabeln vor allem dem Verhältnis der Geschlechter, der Sexualität und der Rolle der Frau große Aufmerksamkeit schenkt.

Die Fabel XVI, „De viro et duabus uxoribus“ [„Von dem Mann und den beiden Frauen“], stellt gleich zu Beginn fest, dass es kein besseres Heil für die Alten gebe, außer sich von Frauen fernzuhalten und vor allem von jungen, außer wenn sie sich gänzlich ruinieren wollten. Das Exempel, das zur Veranschaulichung gewählt ist, berichtet von einem Mann, der nicht zu alt und nicht zu jung gewesen sei, aber zugleich eine alte und eine junge Frau hatte, die beide um seine Zuneigung konkurrierten und darauf achteten, dass er ihnen gleich zugewandt sei. Daher riss ihm die junge Frau die grauen Haare aus, die alte aber die schwarzen, solange bis er kahl und zum Gespött der Leute geworden war. Die Lehre aus dieser Fabel schlussfolgert, dass alte Männer besser auf Frauen verzichten sollten, wenn sie nicht schon als Lebende fortlaufende Todesqualen erleiden wollen. Diese Fabel gehört zu jenem Fundus der Neuübertragungen aus dem Griechischen durch Rinuccio da Castiglione, auch Rinucius Aretinus genannt, den Steinhöwel als „Remicius“ einführt.

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