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Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
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V. Tabulae anatomicae: Anatomische Illustrationen des 16. bis 19. Jahrhunderts



Präparat einer Plazenta

Frederik Ruysch (1638–1731)

Der in Amsterdam geborene Anatom und Botaniker Frederik Ruysch studierte in Leiden und promovierte 1664. Zwei Jahre später wurde er zum Prälektor für Anatomie der Chirurgen-Gilde in Amsterdam ernannt. Er unterrichtete und führte in den Wintermonaten auch öffentliche Sektionen durch. 1672 wurde er städtischer Geburtshelfer, 1679 Gerichtsmediziner und schließlich 1685 Professor für Botanik sowie erster Direktor des Amsterdamer Botanischen Gartens.

Auf anatomischem Gebiet machte sich Ruysch durch zahlreiche Entdeckungen einen Namen. International berühmt wurde er jedoch durch seine Präpariermethoden: Die Technik der Gefäßinjektion ermöglichte es beispielsweise, feinste Verzweigungen von Blutgefäßen darzustellen und vielbewunderte Dauerpräparate zu schaffen.

Daneben beherrschte Ruysch das Einbalsamieren von Kinderkörpern mit großer Kunstfertigkeit. Die genaue Zusammensetzung der von ihm eingesetzten Balsamierflüssigkeit nahm er mit ins Grab. Erst 1743 rekonstruierte man, dass es sich dabei vermutlich um eine Mischung aus Talk, weißem Wachs und Zinnober gehandelt hatte. Seine Feuchtpräparate seien in rektifiziertem Weingeist eingelegt worden, der mit Wasser verdünnt und über schwarzen Pfeffer destilliert wurde.

Das „achte Weltwunder“

Im Jahr 1691 veröffentliche Frederik Ruysch die Ergebnisse von 100 Studien bzw. praktischen Beobachtungen im Bereich der Medizin und Chirurgie. Der Schrift angebunden ist unter dem Titel „Accedit Catalogus Rariorum, Quae in Museo Ruyschiano asservantur“ ein detaillierter Katalog seines anatomischen Kabinetts.

Ruyschs Sammlung war derart umfangreich und spektakulär, dass sie unter seinen Zeitgenossen als „achtes Weltwunder“ galt. Die auf mehrere Amster- damer Mietshäuser verteilte Kollektion konnte zweimal wöchentlich gegen Eintritt besichtigt werden. Zar Peter der Große (1672–1725) war 1697 gleich mehrfach zu Besuch.

Schon zu diesem Zeitpunkt war der Verkauf der Sammlung an den Zaren, der von dem Kabinett fasziniert war, ins Auge gefasst worden aber nicht zustande gekommen. Ruysch baute die Kollektion daraufhin um und veröffentlichte insgesamt zehn Kataloge, die auch als Führer durch das Museum dienten (Exponat V.17). 1717 erwarb der Zar schließlich für 30.000 Gulden über 90 zoologische, botanische und anatomische Objekte. Bis heute zeigen die Ruysch‘schen Präparate ihr unverändert frisches, fast rosiges Aussehen.

Nach dem Verkauf der Sammlung stellte Ruysch neue Präparate her. Noch im gleichen Jahr veröffentlichte der Anatom einen Thesaurus zu seiner neuen Sammlung. Nach Ruyschs Tod im Jahr 1731 blieb diese zweite Sammlung nicht geschlossen erhalten. Viele der Ruysch‘schen Präparate in der Sankt Petersburger Kunstkammer wurden bei einem Brand im Jahr 1747 zerstört oder stark in Mitleidenschaft gezogen. Die erhaltenen können jedoch bis heute dort besichtigt werden.

Die aufgeschlagene Tafel aus dem „Catalogus Rariorum“ zeigt das Präparat einer Plazenta aus dem Ruysch‘schen Kabinett.

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